Website indiziert: Neonazi-Angriffe häufen sich

Rechtsextremisten attackieren Parteibüros, beschädigen Gedenksteine, hetzen gegen Migranten. Jetzt wurde ihre zentrale Internetseite indiziert.

Die Internetseite des "Nationalen Widerstands Berlin", dem Sprachrohr der Berliner Neonazi-Szene landete Ende April auf dem Index. Bild: dpa, Arno Burgi

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat das Online-Sprachrohr der Berliner Neonazi-Szene indiziert. Wie jetzt bekannt wurde, wurde die Internetseite des "Nationalen Widerstands Berlin" (NW Berlin) bereits Ende April als jugendgefährdend eingestuft. Sie ist nun nicht mehr über Suchmaschinen zu finden, über die direkte Webadresse aber weiter abrufbar.

Auf der Seite werde "zum Rassenhass angereizt und eine nationalsozialistische Ideologie propagiert", heißt es in der Begründung für die Indizierung. Führungspersonen des Nationalsozialismus wie Rudolf Heß oder Horst Wessel würden "als tragische Helden glorifiziert". In den Beitragen zeige sich "eine tiefe Verachtung für die in Deutschland lebenden Menschen mit nicht-deutscher Herkunft".

Im jüngsten Bericht auf der Seite wurde auch offen mit Gewalt gedroht. "Die Zeit wird kommen, wo wir zum Angriff übergehen. (...) Dann heißt es nicht Gesinnungshaft, dann heißt es Strick um den Hals oder Kugel in den Bauch", stand in dem inzwischen gelöschten Beitrag. Davor warb das Portal für eine "Ausländer Raus-Kampagne". Das "Überfremdungsproblem" dringe "wie ein Krebsgeschwür in den deutschen Volkskörper" ein, hieß es. Der Aufruf endete mit einem Hitler-Zitat.

Die Staatsanwaltschaft ließ am Montag offen, ob gegen die Betreiber der Seite ermittelt werde. Bereits mehrmals wurden Verfahren gegen das Portal angestrengt, diese jedoch eingestellt. Als Kopf hinter der anonym betriebenen Seite gilt der Berliner NPD-Vize und Kameradschaftsaktivist Sebastian Schmidtke. Der Server steht im Ausland.

Auf der Website findet sich auch eine Vielzahl an "Aktionsberichten" zu rechtsextremen Vorfällen. Diese häuften sich zuletzt in Berlin. Die Bilanz allein am letzten Wochenende: zwei mit Teer beschmierte Gedenksteine für antifaschistische Widerstandskämpfer in Lichtenberg, beschädigte Gedenksteine für NS-Opfer in Weißensee, rund 60 fremdenfeindliche Plakate in Alt-Rudow, erneut mit Steinen malträtierte Scheiben Büro von Gregor Gysi (Linkspartei) in Schöneweide, rechte Plakate an der Fassade einer Linken-Geschäftsstelle in Tegel. Der Staatsschutz ermittelt.

Hans Erxleben, Rechtsextremismusexperte der Linken, sieht die jüngsten Angriffe im Zusammenhang mit dem 8. Mai. "Für uns ist das ein Tag der Befreiung, für die Rechten der Tag der Niederlage. Darum missbrauchen sie diesen Tag für ihre Symbolik."

Schwerpunkte der rechten Aktionen: Neukölln, Lichtenberg und Schöneweide. Während in Neukölln vor allem Flugblätter verteilt und Plakate geklebt wurden, kam es in Schöneweide auch zu Gewalttaten. Bereits vor zwei Wochen war Gysis Büro angegriffen worden. Daneben wurden wiederholt auch das benachbarte Bürgerbüro des Bezirksamts Treptow-Köpenick, das Zentrum für Demokratie und ein Hotel attackiert. Anfang März hatte die Polizei zwei Männer beim Besprühen einer Hotelfassade mit einem Hakenkreuz auf frischer Tat ertappt. Bei deren Festnahme eilte eine größere Gruppe von Gästen der Kneipe "Zum Henker", Berlins zentralem Neonazi-Treffort in Schöneweide, den Festgenommenen zu Hilfe. Es kam zu einer Auseinandersetzung mit der Polizei.

In Lichtenberg tauchten rechtsextreme Schmierereien vor allem um den Weitlingkiez auf, früher eine Neonazi-Hochburg. Mitte April wurden dort auch die Schaufenster einer türkischen Bäckerei mit Tapetenbahnen übergeklebt, darauf die Aufschrift: "Deutsche kauft bei Deutschen". Prompt landete die Aktion auf der Internetseite des NW Berlin - als gefeierter Beitrag zur "Ausländer Raus-Kampagne".

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