Wegen Sport für Mädchen: Angriff auf Ferienlager in Gaza

Eine Gruppe islamistischer Kämpfer überfällt ein Feriencamp für Kinder, weil Mädchen Tanz- und Sportunterricht erhalten. UN-Verteter sind empört. Selbst Hamas distanziert sich von der Moralattacke.

Unmoralisch? Mädchen, die im Sommercamp Sportunterricht bekommen. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Die Spannungen zwischen radikalen Islamisten und der UNO in Gaza sind am Wochenende weiter eskaliert. Rund 30 maskierte und mit Sturmgewehren bewaffnete Männer haben in der Nacht zum Sonntag ein Kinderferienlager des Flüchtlingshilfswerks UNRWA überfallen. Die radikalen Angreifer verprügelten und fesselten den Wachmann und steckten Zelte sowie Ausrüstungsgegenstände des Camps am Strand in Brand. Sie hinterließen drei Kugeln und einen Brief mit Todesdrohungen gegen UN-Vertreter, sollten diese die Ferienprogramme nicht absagen. Wenige Tage zuvor hatte eine militante Gruppe die UN-Ferienlager als unmoralisch kritisiert, weil Mädchen dort Tanz- und Sportunterricht bekommen würde.

"Wir sind schockiert über diesen schmerzhaften Angriff", so UNRWA-Sprecher Adnan Abu Hassan. John Ging, Chef des UN-Hilfswerks nannte den Überfall "Vandalismus, der mit Extremismus verbunden ist". Ging betonte jedoch, dass alle ohnehin nach Geschlechtern getrennten 143 Sommercamps für insgesamt 250.000 Kinder Mitte Juni wie geplant öffnen würden. Die Kinder und Jugendlichen hätten ein "Recht auf ein Lächeln auf ihrem Gesicht". UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Vorfall scharf und rief die Hamas, die den Küstenstreifen seit fast drei Jahren kontrolliert, auf, die UN-Einrichtungen effektiver zu schützen.

Hamas distanzierte sich ebenfalls von der Attacke und kündigte an, die Täter aufzuspüren und festzunehmen. Doch es ist nicht ausgeschlossen, dass die Hamas selbst oder eine Gruppe, die ihr nahesteht, in den Überfall verwickelt war. Hamas betreibt selbst Sommerlager, in denen radikaler Islam-Unterricht eine zentrale Rolle spielt.

Andererseits ist die Hamas in jüngster Zeit mehrfach Zielscheibe militanter Islamisten geworden, die sie für zu moderat halten. Mehrere Büros und auch Sicherheitskräfte wurden in den vergangenen Monaten attackiert. Zusätzlich wird Hamas mit Überfällen auf Internetcafés, Musikgeschäften oder Schulen, die Mädchen und Jungen gemeinsam unterrichten, unter Druck gesetzt. Die wichtigste Gruppe unter den islamistischen Hamas-Gegnern sind die Salafisten, die Hamas offen herausfordern und ideologisch al-Qaida nahestehen. Die Sicherheitskräfte haben vergangenen August in einer Moschee in Rafah eine Razzia gegen Salafisten durchgeführt, bei der 21 Menschen starben. Seitdem stehen die Zeichen auf Krieg.

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