Weil verärgert Koalo-Partner in spe: Koalitionsstreit Nummer 1

Niedersachsens SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil trifft den Chef der Landsmannschaft Schlesien, der zuletzt durch antipolnische Töne auffiel - zum Ärger der Grünen, mit denen Weil ab 2013 regieren will.

Umstrittenes Deutschlandtreffen der Schlesier: Grünen- und Linksfraktion fordern, dass dem Treffen die Zuschüsse gestrichen werden. Bild: dpa

Für Irritationen sorgt Niedersachsens SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2013, Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil, mit einem Treffen mit Vertretern der Landsmannschaft Schlesien. Auch der umstrittene Bundesvorsitzende Rudi Pawelka war bei dem „Gedankenaustausch“ dabei, bei dem Weil laut Pressedienst Schlesien versicherte, dass er sich der Landsmannschaft „verbunden fühle“ und deshalb auch künftig gerne bei deren Bundestreffen Grußworte halte.

Beim letzten dieser Deutschlandtreffen, die alle zwei Jahre in Hannover stattfinden, hat eben jener Pawelka mit revanchistischen Tönen für einen Eklat gesorgt: Als er von einer polnischen Beteiligung am Holocaust sprach und eine Entschuldigung forderte, verließ Ministerpräsident David McAllister (CDU) das Schlesiertreffen. Seither stehen der Vertriebenenverband und sein Bundesvorsitzender unter Beobachtung der schwarz-gelben Landesregierung. Ob das für Juni 2013 geplante Deutschlandtreffen wie in den Jahren zuvor mit 50.000 Euro Landesgeldern gefördert wird, will man erst wenige Monate im Vorfeld entscheiden.

Für Grünen- und Linksfraktion steht unterdessen fest, dass die Zuschüsse gestrichen gehören – nicht erst seit dem letzten Eklat in Hannover. Auch der SPD-Innenpolitiker Klaus-Peter Bachmann erklärte damals: „Äußerungen, die hart an der Grenze zu nationalistischen und rechtsextremistischen Tönen entlangschrammen, haben auf dieser Veranstaltung nichts zu suchen.“ Und fügte mit Blick auf McAllister hinzu: „Weggehen allein reicht nicht“. Das Land müsse seine Förderung einstellen, sollte sich die Landsmannschaft nicht von ihrem Chef Pawelka trennen.

Revanchistische Äußerungen werden aus der Landsmannschaft Schlesien immer wieder laut: 2011 etwa trennte sie sich wegen rechtsextremer Unterwanderung von ihrer Jugendorganisation "Schlesische Jugend".

Rudi Pawelka, Landsmannschafts-Chef seit 2000, klagte mit dem rechtslastigen Verein "Preußische Treuhand" 2008 erfolglos auf Entschädigung gegen Polen.

Niedersachsen ist Patenland der Landsmannschaft, dorthin waren nach 1947 rund 700.000 Schlesier geflohen.

Innenminister Uwe Schünemann (CDU) ließ sich beim Schlesiertreffen 2011 mit der höchsten Verbands-Auszeichnung ehren, dem Schlesierschild.

Pawelkas Entschuldigungs-Forderung an Polen und die Saalflucht von Regierungschef David McAllister (CDU) folgten kurz danach.

Ein Jahr später ist der noch immer im Amt und die Landsmannschaft schmückt sich auf ihrer Homepage mit Fotos von Pawelka und Bachmanns Landesparteichef Weil. Seine Grußworte bei den Schlesiertreffen seien „in keiner Weise eine Referenz für die Verbandspolitik der Landsmannschaft“, erklärt der SPD-Spitzenkandidat auf Nachfrage. Er richte sie als hannoverscher Oberbürgermeister an die Mitglieder, denn gerade in Niedersachsen und Hannover seien „viele Schlesier zu Hause, die ihre kulturellen Traditionen in der Landsmannschaft pflegen“.

Der Verbandsführung habe er sowohl in seinen bisherigen Grußworten als auch beim Treffen Ende April „gebeten, in ihrem Auftreten die berechtigten Gefühle der polnischen Bevölkerung zu achten und in dieser Hinsicht keine Missverständnisse entstehen zu lassen“, sagt Weil.

Erklärungen, die seinem Wunschkoalitionspartner Grüne nicht ausreichen: „Es geht nicht allein um die Gefühle der polnischen Bevölkerung“, sagt deren Sprecher für Rechtsextremismus, Helge Limburg, „sondern darum, wie wir in Deutschland mit unserer Geschichte umgehen und ob wir Geschichtsverdrehereien zulassen.“ Von einem SPD-Spitzenkandidaten wünsche er sich „gerade vor dem Hintergrund der Äußerungen im letzten Jahr eine deutlichere Distanzierung“.

Limburgs Fraktion fordert seit Jahren, die Landesförderung für die Schlesiertreffen abzuschaffen – und will das im Falle eines rot-grünen Wahlerfolgs 2013 auch umsetzen. Genau so hatte es Rot-Grün einst unter dem damaligen SPD-Ministerpräsidenten Gerhard Schröder gemacht: 1990 wanderte das Deutschlandtreffen deshalb nach Bayern ab. Zurück nach Niedersachsen holte es erst Ex-CDU-Ministerpräsident Christian Wulff im Jahr 2007.

Für den aktuellen SPD-Spitzenkandidaten Weil hingegen sind Fragen der Förderung künftiger Schlesiertreffen „derzeit kein Thema“, wie er erklärt.

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