Weißrussische Polizisten: Praktikum bei Nazi-Demo

Polizeikräfte des autoritären Regimes Lukaschenkos durften nicht nur bei einem Castortransport hospitieren. Sie besuchten auch die Nazi-Demo in Dresden.

So geht's in Deutschland: Drei greifen zu, einer steht Schmiere. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Hilfe Deutschlands für die Sicherheitskräfte des autoritär regierten Weißrusslands ist umfassender als bisher bekannt. So hat allein die Bundespolizei dem Regime zwischen 2008 und 2010 Ausrüstung im Wert von mehr als 110.000 Euro zur Verfügung gestellt, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Linkspartei hervorgeht.

Darunter waren drei VW-Transporter sowie eine Reihe von Laptops, Videokameras und Fotoapparate. Dass die weißrussische Polizei, wie von Bild behauptet, auch mit deutschen Schlagstöcken ausgerüstet wurde, hatte das Innenministerium zumindest für die Polizei des Bundes zuvor schon dementiert.

Wie die Bundesregierung jetzt in ihrer Antwort aber einräumt, waren weißrussische Polizisten nicht nur zur Beobachtung des umstrittenen Castor-Transport-Einsatzes 2010 in Deutschland zu Besuch, sondern schauten sich im selben Jahr auch den Polizeieinsatz bei der Neonazi-Demonstration in Dresden an.

Bei beidem hatten Gegendemonstranten das Vorgehen der deutschen Polizei heftig kritisiert. Hospitiert haben weißrussische Polizisten laut Bundesregierung 2009 und 2010 auch bei Fußballspielen in Zwickau und der Eishockey-WM in Mannheim. „Der Umfang der Ausbildungs- und Ausstattungsbeihilfe ist doch weit größer als angenommen“, kritisiert der Linken-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko.

Milizen waren mit dabei

Insgesamt wurden laut früheren Angaben des Bundesinnenministeriums von 2007 an rund 500 Beamte des autoritären Regimes teils in Deutschland, teils in Weißrussland geschult. Neben weißrussischen Grenzschützern waren unter den Teilnehmern auch Offiziere der berüchtigten Polizeimilizen, die in dem Land immer wieder gewaltsam gegen die Opposition vorgehen.

Die Ausbildung habe das demokratische Bewusstsein befördern sollen und sei Teil eines breiteren EU-Konzepts gewesen, verteidigte sich die Bundesregierung nach heftiger Kritik an der in dem Ausmaß erst jetzt bekannt gewordenen Zusammenarbeit. Nach den manipulierten Präsidentschaftswahlen in Weißrussland Ende 2010 sei die Kooperation mit den Sicherheitskräften des Landes dann zurückgefahren worden, hieß es – der allerletzte Ausbildungskurs fand allerdings noch Ende 2011 statt.

Die langjährige Zusammenarbeit mit dem Regime von Alexander Lukaschenko wird am Dienstag Thema im Bundestagsausschuss sein. Dabei wird es auch um die Gründe der Ablösung der Bundespolizeispitze vor wenigen Wochen gehen. Nach wie vor halten sich Gerüchte, die Weißrussland-Kooperation könne dabei eine Rolle gespielt haben. Das Innenministerium hatte zuletzt gesagt, das eine sei getrennt vom anderen zu sehen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.