Weitgehendes Verbot von Streubomben: Vertragsunterzeichnung in Oslo

Nach langjährigen Verhandelungen unterzeichnen 105 Staaten das Verbot für Streubomben. Deutschland setzte sich für Ausnahmen ein.

Inspektion einer israelischen Streubombe, die im Südlibanon abgeworfen wurde und nicht zündete. Bild: ap

GENF taz Nach dreijährigen Verhandlungen wird am Mittwoch in Oslo ein neuer Rüstungskontrollvertrag über das weitgehende Verbot von Streubomben besiegelt. Die Initative für das Abkommen ging von der norwegischen Regierung aus. Unterzeichnet wird das Abkommen, das unter massiven Druck einer breiten internationalen Koalition von Nichtregierungsorganisationen (NRO) zustande kam, von den Außenministern oder Botschaftern von 105 der 192 UNO-Staaten. Es tritt in Kraft, sobald es die Parlamente von mindestens 30 Ländern ratifiziert haben. Danach müssen innerhalb von acht Jahren alle unter das Verbot fallenden Streubomben vernichtet werden. Das von einer Mehrheit der 105 Unterzeichnerstaaten ursprünglich angestrebte lückenlose Verbot von Einsatz, Produktion , Lagerung und Export sämtlicher Typen von Streubomben scheiterte an Deutschland und anderen NATO-Staaten, die eine Reihe von Ausnahmen durchsetzten. Dennoch feiern Handicap International und andere NRO die heutige Unterzeichnung des Oslo-Abkommens durch über die Hälfte aller UNO-Staaten als "großen Fortschritt" auf dem Weg zu einem weltweiten, vollständigen Verbot von Streubomben.

Vor dem "Oslo-Verhandlungsprozeß" waren langwierige Verhandlungen der UNO-Abrüstungskonferenz in Genf am Unwillen hauptsächlich der USA, Chinas und Rußlands gescheitert - ähnlich wie Mitte der 90er Jahre die Verhandlungen der Abrüstungskonferenz über ein Verbot von Anti-Personenminen. Der daraufhin auf Initiative der kanadischen Regierung und einer internationalen NRO-Koalition ausgehandelte Vertrag über das Verbot dieser Minen wurde seit 1997 von über 160 Staaten ratifiziert. Damit stieg auch der politische Druck auf die Regierungen in Washington, Moskau und Peking, dem Minenverbot beizutreten.

Eine ähnliche Wirkung erhoffen sich die NRO und die norwegische Regierung auch vom Oslo-Abkommen zum Verbot von Streubomben. Aus dem Umfeld des künftigen US-Präsidenten Barack Obama gibt es Hinweise, wonach die USA im kommenden Jahr möglicherweise beide Abkommen unterzeichnen könnten.

Bei den Verhandlungen über das Streubombenverbot - an denen die USA ebenso wie China und Rußland nicht teilnahmen- hatte Washington mit tatkräftiger Hilfe Deutschlands und anderer europäischer NATO-Verbündeter noch zwei hochproblematische Ausnahmen durchgesetzt: zum einen erlaubt das Abkommen seinen Unterzeichnerstaaten gemeinsame Militäroperationen mit Nichtvertragsstaaten, die dabei Streubomben einsetzen.

Zudem kann das Verbot, Streubombenmunition einzusetzen, auf dem eigenen Territorium zu lagern oder den Einsatz durch andere Staaten zu unterstützen bei gemeinsamen Militäroperationen, zum Beipiel innerhalb der NATO mit den USA, für die Vertragsstaaten ausgesetzt werden. Diese Vertragsklauseln - de facto eine Lex NATO/USA - würden nach einer Unterzeichnung des Oslo-Abkommens durch Washington praktisch bedeutungslos.

Unter das Verbot fällt die Streubombenmunition der Bundeswehr vom Typ M85. Die Bundesregierung hatte bereits nach der abschließenden Verhandlungsrunde im September in Dublin zugesagt, daß diese Bestände vollständig vernichtet und nicht noch vor Inkrafttreten des Oslo-Abkommens ins Ausland verkauft werden.

Erlaubt bleiben auf Betreiben Deutschlands und anderer NATO-Staaten Streubomben-Typen, die auf Grund ihrer Einsatzbestimmungen oder technischen Spezifikation angeblich keine Gefahr für Zivilisten darstellen - darunter auch die Smart-155-Artilleriemunition in den Beständen der Bundeswehr.

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