Welthungerindex: Kampf gegen Hunger stagniert
Der Kampf gegen den weltweiten Hunger stockt: Seit 2016 gibt es laut aktuellem „Welthunger-Index“ kaum Fortschritte. Dabei gäbe es Lösungen.

Insgesamt leiden laut Welthungerhilfe derzeit 673 Millionen Menschen an Hunger – das sind 8 Prozent der Weltbevölkerung. Zudem sei für 2,6 Milliarden Menschen eine gesunde Ernährung unerschwinglich.
„Kriege und Konflikte sind weiterhin der größte Hungertreiber“, sagte Marlehn Thieme, Präsidentin der Welthungerhilfe. Allein im vergangenen Jahr lösten Kriege 20 akute Hungerkrisen aus, die weltweit fast 140 Millionen Menschen betrafen. Auch Klimawandel und wirtschaftliche Instabilität sorgen für andauernden Hunger.
Der WHI misst die Unterernährung der gesamten Bevölkerung, Auszehrung und Wachstumsverzögerung bei Kindern sowie Kindersterblichkeit. Bis 2016 gab es in allen Regionen Fortschritte. Moderat hat sich die Lage seitdem vor allem in Lateinamerika und Südostasien gebessert, während Südasien und Afrika südlich der Sahara die schlechtesten Werte verzeichnen.
Hungersnot hat sich verdoppelt
Von 2023 auf 2024 hat sich die Zahl der Menschen, die in einer akuten Hungersnot leben, auf rund 2 Millionen verdoppelt. Die Mehrheit der Betroffenen lebt in Gaza und im Sudan. „Die höchste Priorität muss es sein, die gewaltsamen Konflikte zu lösen, zu befrieden, um den Hunger tatsächlich zu überwinden“, sagte Thieme.
Mathias Mogge, Vorstandsvorsitzender der Welthungerhilfe, nannte Sierra Leone ein Positivbeispiel: Dort hätten Schulspeisungsprogramme, neue Bewässerungssysteme, verbessertes Saatgut und Beratungssysteme den Hunger reduziert. Auch wurde 2022 eine Landreform eingeführt, nach der Frauen ein Recht haben, Land zu besitzen, und 30 Prozent aller Sitze in Landnutzungsgremien besetzen müssen.
Gemeinsam mit dem Entwicklungsministerium habe die Welthungerhilfe 16 Dialogplattformen eingerichtet, in der Bäuer*innen Landkonflikte gemeinsam mit Verwaltung und Privatwirtschaft klären.
Das trägt laut Mogge zur gerechteren Landverteilung bei und treibt Landgrabbing zurück, sodass Menschen selbst anbauen können. „Veränderungen sind möglich, wenn der politische Wille vorhanden ist“, resümierte Thieme.
Bund soll humanitäre Hilfe nicht kürzen
Die Welthungerhilfe empfiehlt drei Lösungsstrategien: widerstandsfähige Ernährungssysteme aufbauen, nationales politisches Engagement sowie die Einbindung lokaler Gemeinschaften stärken und den Kreislauf zwischen Hunger und Konflikten durchbrechen.
Deutschland muss darin investieren, forderte Thieme: „Die Bundesregierung sollte die geplanten Kürzungen bei humanitärer Hilfe im Haushalt 2026 zurücknehmen – sonst zahlen die Schwächsten den Preis.“
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