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Weltmeister De Rossi plant Großes in RomFußball als Familienbetrieb

Daniele De Rossi bastelt an einem faszinierenden Projekt. Der Viertligaklub Ostiamare soll zur dritten Kraft im römischen Fußball wachsen.

Der ehemalige Kapitän und Trainer des AS Roma, Daniele De Rossi (3.v.l.), will seinen Fußballverein Ostiamare entwickeln Foto: Emanuele Valeri/epa

DDR“ steht an einigen Mauern in Ostia geschrieben. Aufgesprüht haben diese drei Großbuchstaben aber nicht etwa Nostalgiker des real untergegangenen Sozialismus in Ostdeutschland. Die Initialen feiern vielmehr Daniele De Rossi, Sohn der Stadt, Fußballweltmeister von 2006 und Ikone der AS Rom. Sie signalisieren vor allem die Freude darüber, dass De Rossi sich seines einstigen Ausbildungsvereins angenommen hat. Anfang des Jahres übernahm er Ostiamare. Eine der ersten Aktionen war, die zuvor illegal errichteten Tribünen und Umkleidekabinen abzureißen.

Jetzt gleicht das Stadio Anco Marzio – benannt nach dem mythischen vierten König Roms – einem Containerdorf. Nur zwei kleine Tribünen, Fassungsvermögen insgesamt 500 Personen, sind an einer Seitenlinie und hinter einem Tor installiert. „Das Stadion befindet sich im Bau. Die Container werden unter einer neuen Tribüne verschwinden“, verweist Sportdirektor Adriano D’Astolfo auf einen Bereich auf der gegenüberliegenden Seitenlinie.

Hinter dem anderen Tor hingegen soll eine komplett neue Struktur mit Tribünen, Sporthalle, Umkleidekabinen und auch einem medizinischen Bereich entstehen. „Es ist ein Millionenprojekt“, betont D’Astolfo, und weitgehend wohl aus dem Privatvermögen De Rossis finanziert.

Der frühere Spieler Ostiamares – fünf bis sechs Jahre lang war er in der Jugendabteilung, bevor er zur AS Rom ging – kündigte auf der ersten Pressekonferenz im Januar an, den Klub zur dritten Macht des römischen Fußballs machen zu wollen. Zur Verkündung konkreter Aufstiegstermine ließ er sich allerdings nicht hinreißen. „Erstmal müssen wir die Klasse halten.“ Das gelang in der letzten Saison. Einen ersten großen Erfolg konnte er auch schon feiern: Die U19 wurde im Sommer italienischer Landesmeister in der Serie D. „Das erste Mal in der Klubgeschichte“, sagt D’Astolfo stolz.

Der Jugendarbeit gilt gegenwärtig auch das größte Augenmerk. Die vereinseigene Fußballschule verzeichnete einen Bewerberrekord. „Bei 400 Anmeldungen mussten sie Schluss machen“, erzählt Mario, ein Uraltfan seit den 1980er Jahren, während des Viertligamatches gegen Sora. Brav schwenkt er eines der lila Plastefähnchen, die die knapp 200 Ultras des Vereins an alle Zuschauer verteilt haben. „Bianco Viola olé“ singt die komplette Tribüne.

Kleinfelder mit Sand und Zement

Die Begeisterung stimmt schon mal: Fans von Ostiamare beim Heimspiel Foto: Tom Mustroph

Für die Fußballschule hat sich Neupräsident De Rossi noch eine Besonderheit einfallen lassen: drei Kleinfelder mit unterschiedlichem Belag. „Einer ist mit Sand belegt, wie am Strand, an dem wir einst Fußball spielten“, sagt D’Astolfo und erinnert sich an die Zeit, als der junge De Rossi vom Strandabschnitt Sporting herüberkam, um mit ihm, der ein Jahr jünger ist, und den anderen Kumpels am Strand zu kicken. „Der zweite Platz ist mit Zement versehen. So schulen wir die Technik als Straßenfußballer.“ Und auf dem dritten Platz wächst Naturgras.

Der Vater von Daniele De Rossi fungiert als Berater von Ostiamare, im Sekretariat des Vereins unterdessen arbeitet Danieles Schwester, Ludovica De Rossi

„Jede Woche wechseln die Klassen der Fußballschule den Belag. Sie schulen dabei ihre Technik“, meint D’Astolfo. Auf Beton rolle der Ball schneller, auch müsse man versuchen, auf beiden Beinen zu bleiben, argumentiert er. Auf dem unregelmäßigen Grasbelag lernt man Ballkontrolle mit Hindernissen. Und der tiefe Sand verbessert ganz spielerisch die Kondition und führt zu besserem Ballgefühl. Die nächsten Titel im Jugendbereich scheinen da nur noch Formsache.

Auch wirtschaftliche Ambitionen hat Neupräsident De Rossi. Das neue Stadion soll tauglich für die dritte Liga werden. Der Verein strebt einerseits den Aufstieg in die Serie C an und ist mit sieben Siegen in den ersten sieben Spielen auch perfekt in die Saison gestartet. Der Ausbau erfolgt aber auch mit einem Blick zur AS Rom. Der dortige Chef des Nachwuchsfußballs will eine U23-Mannschaft aufbauen, die am Spielbetrieb der Serie C teilnehmen soll.

Ein geeignetes Stadion gibt es bisher dafür nicht. Das Anco Marzio könnte dann an die U23 von AS Rom vermietet werden, lautet eine bereits in den Medien verbreitete Spekulation. Sportdirektor D’Astolfo reagiert zurückhaltend auf diese Frage. Die Wege der Entscheidungsträger sind aber kurz. Chef der Jugendabteilung der AS Rom ist ausgerechnet Alberto De Rossi, Vater von Daniele. Er fungiert auch als Berater von Ostiamare. Und im Sekretariat des Vereins arbeitet Ludovica De Rossi, Schwester von Daniele und Tochter von Alberto. In Roms Strandstadt wächst also ein Fußballfamilienunternehmen der ganz besonderen Art heran.

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