Wenn Firmen Unis sponsern: "Leistung honorieren"

Die Uni Karlsruhe hat 200 Millionen Euro bekommen - geschenkt. Richtig so, sagt Rektor Horst Hippler. Das Geld soll Spitzenforscher ans "Karlsruher Institut für Technologie" locken.

Aus einem Labor der Uni Karlsruhe: Roboter Armar soll in der Küche helfen. Bild: dpa

taz: Herr Hippler, wird Ihr Institut zum deutschen MIT?

Horst Hippler: Bis zum MIT Deutschlands ist es noch sehr weit. Immerhin ist das renommierte Massachussets Institute of Technology eine der besten Adressen weltweit für Technikforschung. Aber es stimmt. Für die Universität Karlsruhe bricht ein neues Zeitalter an. Wir sind mit unserem KIT oder Karlsruher Institut für Technologie auch auf einem guten Weg.

Staat und nun auch die Industrie bewerfen Sie regelrecht mit Geld.

Nein, so weit ist es noch nicht - leider. Aber in der Tat hat der Wettbewerb für Elite-Unis, bei dem wir sehr erfolgreich waren, uns noch bekannter gemacht. Man weiß von Karlsruhe, auch in der Wirtschaft - und bei philantrophischen Spendern wie Herrn Hector.

Hans-Werner Hector ist der Mitbegründer des Softwarehauses SAP. Er hat Ihnen 200 Millionen Euro geschenkt. Was machen Sie mit dem vielen Geld?

Wir werden es gut anlegen. Es kommt in eine Stiftung, und daraus können wir dann jährlich 5 Millionen Euro pro Jahr für Berufungen neuer Professoren einsetzen. Oder für Bleibeverhandlungen.

Mehr Geld für Forscher. Warum ist das so wichtig?

Bei den Gehältern sind wir leider noch lange nicht international wettbewerbsfähig. Wir haben nicht selten unsere besten Leute an die Elite-Universitäten in der Schweiz und den USA verloren. Nur weil wir ihnen nicht genug Geld bieten können.

Wie viel Geld muss man heute für einen Spitzenwissenschaftler in die Hand nehmen?

Das Anfangsgehalt eines Professors an der ETH Zürich ist 180.000 Euro im Jahr. In diese Größenordnung muss man kommen, ansonsten wird es schwierig, die besten Köpfe zu holen.

Bekommen Sie nun die besten Köpfe?

Da reicht Geld allein nicht. Zunächst müssten die Gesetzgeber die Obergrenzen für Professorengehälter endlich aufheben. Aber ich denke, dass sich die Tore hier bald öffnen werden. Das Bundesland Baden-Württemberg hat das zum Beispiel schon angekündigt.

Wie hilft Stiftungsgeld, um bessere Köpfe zu gewinnen?

Im Moment liegt die Grenze für Professoren bei 120.000 Euro, so wollen es die Bundesländer. Aber diese Beschränkung kann es nicht sein. Es verlangt ja keiner, dass die Länder solche Gehälter finanzieren. Aber dass es möglich sein sollte, hier eine Schippe draufzulegen - ob mit Zuwendungen aus der Wirtschaft, von Privaten oder aus einem Fonds.

Sie werden mit Millionen überschüttet, während andere Unis froh wären, es würde nicht in ihre Bibliotheken reinregnen. Ist das nicht ungerecht?

Das finde ich überhaupt nicht ungerecht. Leistung muss honoriert werden. Und dass wir im Moment sehr erfolgreich sind, ist schön für uns. Das heißt aber nicht, dass andere nicht auch erfolgreich sein können.

Der Eindruck ist doch: In Zukunft wird es wenige Leuchttürme in der deutschen Wissenschaftslandschaft geben - und der Rest verkommt zum klammen Mittelmaß.

Wir haben einige sehr gute Universitäten in Deutschland, etwa in Heidelberg, München oder Aachen. Die sind alles andere als Mittelmaß. Aber in vielen Bundesländern ist es natürlich schwierig, Universitäten dieses Kalibers aufzubauen. Das ist aber eine Frage des politischen Willens.

Sind Sie eine Elite-Uni?

Wir selbst würden uns nie als Elite-Uni bezeichnen. Das werden Sie auch nicht auf unserer Homepage finden. Wenn uns aber andere zu den Elite-Universitäten zählen, sind wir durchaus stolz darauf.

In welchen Bereichen wollen Sie an die Weltspitze?

Wir werden in der Zukunft in der Energieforschung in die Weltspitze aufstoßen können. Auch in den Nanowissenschaften werden wir ein wichtiges Wort mitreden können. Und natürlich sind wir als technische Hochschule auch in den Ingenieurwissenschaften sehr gut.

Neben der Hector-Stiftung gehen Sie noch einen anderen Weg, der lange als unmöglich galt: Sie verschmelzen mit dem bundeseigenen Forschungszentrum Karlsruhe zu einer Über-Uni: dem Karlsruher Institut für Technologie. Was versprechen Sie sich davon?

Wettbewerbsfähigkeit. Hohe internationale Anerkennung. Mehr Flexibilität. In den USA ist es durchaus üblich, dass Universitäten eine Bundesforschungseinrichtung mit dabeihaben. Das MIT hat das Lincoln Laboratory, Berkeley das Lawrence Laboratory. Wir gehen jetzt aber noch einen Schritt weiter, indem wir das Management zusammenlegen.

Aber dass nun Bundesgeld in eine Landesuni fließt, das geht doch eigentlich gar nicht. Oder?

Das geht auch nicht. Die Finanzströme zwischen Universität und Forschungszentrum bleiben deshalb streng getrennt.

Beide Partner, so schreiben Sie, "bündeln ihre Kräfte, um eine völlig neue Qualität der Zusammenarbeit zu schaffen". Was genau bringt das Karlsruher Modell?

Für die Universität liegt der Vorteil darin, dass Studierende und Nachwuchswissenschaftler Zugriff haben auf die Infrastruktur und Apparaturen einer Großforschungseinrichtung. Gleichzeitig kann man exzellentes Forschungspersonal von dort in die universitäre Lehre einbinden. Davon gewinnen beide Seiten. Wir planen, dass junge Wissenschaftler am Forschungszentrum mit einem Professorentitel versehen werden - wenn sie in der Lehre aktiv sind. Einen Namen haben wir noch nicht, aber man könnte das "Assistant" oder "Adjunct Professor" nennen.

Die müssen dann allerdings viel weniger Lehrverpflichtungen übernehmen als die Uniprofessoren.

Natürlich. Aber diese Stellen werden nicht auf das Lehrdeputat angerechnet. Das heißt: Wir müssen die Kapazität an Studienanfängern nicht erhöhen. Das ist ja das Problem in Deutschland. Immer wenn Sie die Zahl der Professoren erhöhen, müssen Sie auch mehr Studenten aufnehmen. Das trifft bei uns nicht zu, wenn wir Mitarbeiter des Forschungszentrums in die Lehre einbinden.

Schön, aber das stärkt doch die Forschung auch auf Kosten der Lehre.

Im Gegenteil. Damit verbessert sich das Betreuungsverhältnis für die Studierenden.

Dem Großziel, insgesamt mehr Studierende an die Unis zu bringen, ist damit aber nicht gedient. Stimmt der Eindruck: Alles was früher für die Unis galt, gilt bei Ihnen nicht mehr?

So würde ich das nicht formulieren. Wichtig ist, neue Maßstäbe zu setzen, um international wettbewerbsfähig zu sein. Aber warum soll nicht anderswo möglich sein, was bei uns funktioniert?

Sie haben sich sogar eine eigene Hymne für Ihr Karlsruher Technologie-Institut komponieren lassen. Warum das denn?

Warum nicht? Das vergrößert die Identifikation mit unserer Hochschule. Andere Universitäten im Ausland haben Wappen oder Sportteams, wir haben jetzt eben eine Hymne.

Auch hier orientieren Sie sich an US-amerikanischen Vorbildern.

Warum auch nicht? Wenn Deutschland es nicht schafft, auch eine Institution wie etwa das MIT zu haben, dann haben wir etwas falsch gemacht. Wir sind eine der führenden Wirtschaftsnationen der Welt und müssten doch in der Lage sein, eine Spitzenuni zu haben. Wenn das Karlsruhe ist, dann freue ich mich natürlich.

Interview: WOLF SCHMIDT

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