Widerständler formieren sich europaweit: Vereint TTIP stoppen

Eine neue Bürgerinitiative will das Freihandelsabkommen zwischen EU und USA zu Fall bringen. Die Chancen stehen gar nicht schlecht.

TTIP-Gegner bei einer Veranstaltung der SPD zur Europawahl Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Der Widerstand gegen das umstrittene TTIP-Freihandelsabkommen der EU mit den USA formiert sich. Pünktlich zum Start der sechsten Verhandlungsrunde in Brüssel wollen mehr als 120 Organisationen aus der Zivilgesellschaft am Dienstag eine Europäische Bürgerinitiative gründen. Wenn sie erfolgreich ist und mindestens eine Million Unterschriften aus sieben EU-Ländern zusammenbringt, könnte sie TTIP zu Fall bringen.

Wie das geht, hat die Initiative „Right2Water“ schon vor zwei Jahren vorexerziert: Sie hat fast 1,7 Millionen Unterschriften gegen die befürchtete Privatisierung der Wasserversorgung in Europa gesammelt und die EU-Kommission zum Rückzug gezwungen. Zwar behauptete die Kommission zunächst, die Initiative liege völlig falsch. Doch als das Europaparlament umschwenkte und seine Unterstützung entzog, platzte das Projekt.

Ähnlich könnte es nun auch bei TTIP laufen. Denn die Organisatoren der neuen „EBI“ (Europäische Bürgerinitiative), zu denen der Verein Mehr Demokratie, Campact, der BUND und Attac zählen, können auf massiven Unmut im Europaparlament bauen.

Auch Parlamentarier nur tröpfenweise informiert

Die EU-Abgeordneten sind sauer, dass sie nur tröpfchenweise über die Verhandlungen mit den USA informiert werden – und dass die Kommission weiter an Sonderrechten für Investoren (ISDS) festhält. Damit sollen Konzerne die Möglichkeit erhalten, missliebige Umwelt- und Sozialgesetze vor privaten Schiedsgerichten anzufechten.

Der Widerstand gegen die Investorensonderrechte ist so groß, dass die EU-Kommission sich im Frühjahr genötigt sah, eine öffentliche Anhörung dazu anzusetzen, die in diesen Tagen zu Ende geht. Doch noch bevor irgendwelche Ergebnisse vorlagen, hat EU-Handelskommissar Karel De Gucht erklärt, dass er an seinen Plänen festhalten wolle.

Dies treibt nun sogar die lange wohlwollenden Sozialdemokraten auf die Barrikaden. „Ich kann der EU-Kommission nur empfehlen, auf ISDS zu verzichten“, sagte der frisch gewählte Vorsitzende des Handelsausschusses, Bernd Lange. Der SPD-Politiker will das TTIP-Abkommen zwar nicht sofort abschießen, doch wenn De Gucht an Sonderrechten festhält, könnte die nächste Parlamentsresolution zu TTIP im Herbst negativ ausfallen, droht Lange.

Dabei sind die Investorenrechte längst nicht der einzige Stolperstein. Für Ärger sorgte zuletzt die Nachricht, dass die EU von den USA eine weitgehende Öffnung des amerikanischen Energiemarktes fordert – offenbar, um so an günstiges Fracking-Gas zu gelangen. Damit würde Brüssel aber auch US-Unternehmen unbeschränkten Zugang zu europäischen Gasvorkommen geben – inklusive der Schiefergasvorkommen, warnt die grüne Europaabgeordnete Ska Keller. Denn die Öffnung würde auf Gegenseitigkeit beruhen.

Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür aber nicht – denn auch dieses pikante Detail der Verhandlungen wurde nur durch ein „Leak“ bekannt, diesmal in der Washington Post. Selbst während der Verhandlungen, die diese Woche in Brüssel laufen, geht die Geheimniskrämerei weiter. Zu Beginn der Gespräche teilte die EU-Kommission lediglich mit, dass man bei den Verhandlungen mit den USA auch über den möglichen Nutzen eines Energie-Kapitels sprechen wolle.

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