Widerstand gegen Atommüllexport: Ein Plutoniumzug nach Majak

Die NRW-Regierung will den Transport des sächsischen Atommülls von Ahaus nach Russland aus Sicherheitsgründen verhindern. Das Bundesamt für Strahlenschutz sieht hingegen keine Bedenken.

Erst nur Müll, jetzt atomwaffenfähig: Sächsisches Uran und Plutonium. Bild: dpa

SPD und Grüne in Nordrhein-Westfalen wollen die drohenden Transporte von atomwaffenfähigem Uran und Plutonium aus dem Zwischenlager Ahaus nach Russland offenbar verhindern. "Die Sicherheit der Transporte ist derzeit nicht zu gewährleisten", sagte der Umweltsprecher der SPD-Landtagsfraktion, André Stinka, zur taz. Diese Einschätzung werde von der gesamten SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag geteilt.

Grund sei die aufgeheizte Stimmung nach den "atompolitischen Hinterzimmerdeals" der Bundesregierung, die heftige Proteste gegen die Verschiebung des radioaktiven Materials erwarten ließen, sagte Stinka. Davor hatte sich auch die Parteichefin der NRW-Grünen, Monika Düker, gegen die "unsinnigen Atommülltransporte" ausgesprochen.

Damit bereitet das rot-grüne Bündnis offenbar einen Kurswechsel seiner Minderheitsregierung vor: Noch am Donnerstag hatte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) mitgeteilt, dass auch vonseiten des NRW-Innenministeriums keine Bedenken bestünden, und den Transport der "951 Brennelemente in maximal 18 Behältern vom Typ Castor MTR2" genehmigt.

Umweltschützer und Atomkraftgegner hatten zuvor massiven Widerstand gegen den Transport der Brennstäbe, die ursprünglich aus dem ehemaligen DDR-Forschungsreaktor Rossendorf in Sachsen kommen, angekündigt. "Völlig verantwortungslos" sei der "Atommüllexport nach Russland", sagt etwa Matthias Eickhoff von der Initiative Sofortiger Atomausstieg.

Denn das BfS gibt als Ziel der Transporte die Atomanlagen von Majak bei Tscheljabinsk an. Das 1945 zur Entwicklung sowjetischer Atomwaffen gegründete Kombinat setzte bei verschiedensten Störfällen so viel Radioaktivität frei, dass die Folgen mit der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl verglichen werden. Noch in diesem Sommer wurde die Anlage von den russischen Wald- und Torfbränden bedroht. Deutschland dürfe seinen Atommüll "nicht auf Kosten der nächsten Generation Menschen in Russland" loswerden, sagt Wladimir Slivjak von der russischen Umweltorganisation Ecodefense deshalb und fordert die sofortige Rücknahme der Transportgenehmigung.

Umstritten ist der Atommüllexport auch in Sachsen. Dort sorgt die Verschiebung mittlerweile für Streit zwischen der CDU-geführten Landesregierung, die Eigentümer der Brennstäbe ist, und der CDU-Landtagsfraktion. "Zum derzeitigen Zeitpunkt schlichtweg unnötig" seien die Castor-Transporte, zitierte die Sächsische Zeitung Fraktionschef Steffen Flath bereits Ende vergangener Woche. Die Kosten von mindestens 35 Millionen Euro will Flath "sinnvoller verwenden". Wegen eines russischen Sonderangebots besteht das sächsische Wissenschaftsministerium aber offenbar auf Transporttermine im kommenden Jahre. Nur 2011 würden besonders kostengünstige Konditionen gelten, heißt es.

"Belogen und getäuscht" habe die sächsische Landesregierung die Öffentlichkeit schon oft, hält Atomkraftgegner Eickhoff dagegen. "Als der Atommüll 2005 von Rossendorf nach Ahaus transportiert wurde", sagt er, "erklärten uns die Christdemokraten, alles sei völlig ungefährlich. Jetzt geht es plötzlich um atomwaffenfähiges Plutonium.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.