Widerstand gegen Tierfabriken: Die Wahl der Qual

Die hartnäckigen Proteste gegen den geplanten Hähnchen-Schlachthof in Ahlhorn haben Wirkung gezeigt: Sein Bau hängt jetzt von einer Bürgerbefragung ab.

Hat in Ahlhorn viele Gegner: Hähnchenmast. Bild: dpa

BREMEN taz | Die Hähnchenschlachterei Kreienkamp will so groß werden wie die Branchenriesen Wiesenhof und Rothkötter. Dafür will Geschäftsführer Walter Kreienborg in Ahlhorn, einem Ortsteil der Gemeinde Großenkneten, einen Betrieb mit einer Schlachtkapazität von über 200.000 Hähnchen am Tag bauen.

Doch dort regen sich massive Proteste, und anders als in Wietze, wo Rothkötter neu gebaut hat, finden die Menschen in Großenkneten Gehör, und zwar in Form einer Bürgerbefragung: 12.300 Menschen stimmen seit Montag darüber ab, ob Kreienkamp nach Ahlhorn kommt oder nicht.

Vorangegangen waren monatelange Aktionen der Bürger-Initiativen „Bürgerprotest“ und „Bündnis M.U.T.“ (Mensch, Umwelt, Tier). Der Ahlhorner Puten-Schlachthof Heidemark sei genug: Der Grundwasserspiegel sei bereits gesunken, die Wasserqualität ebenfalls. Kreienkamp würde jährlich zusätzlich rund 350.000 Kubikmeter Wasser benötigen, 170 neue Mastställe müssten her, 55.000 Tonnen Mist würden ebenso anfallen wie LKW-Lärm.

Die Hähnchenschlachterei Kreienkamp in Wildeshausen "verarbeitet" pro Tag rund 30.000 Hähnchen und beschäftigt 135 MitarbeiterInnen.

Der Schlachthof in Ahlhorn hätte eine Schlachtkapazität von über 200.000 Hähnchen pro Tag und soll laut Kreienkamp-Geschäftsführer Walter Kreienborg 130 neue Arbeitsplätze schaffen.

Der Selbstversorgungsgrad mit Geflügel liegt in Deutschland laut Netzwerk "Bauernhöfe statt Agrarfabriken" bereits bei 107 Prozent; es wird also mehr Geflügelfleisch produziert als verzehrt.

Nahezu täglich protestierten und informierten Schlachthof-GegnerInnen in Großenkneten, im April verschafften sich über hundert von ihnen Zutritt ins Rathaus: Dort informierte damals Kreienborg den Großenkneter Gemeinderat über seine Baupläne.

Jüngster Wahltrend

Am Samstag gingen in Ahlhorn 700 DemonstrantInnen auf die Straße. Die können jetzt einen Teilerfolg verzeichnen: Sollten die BürgerInnen dem Bau mehrheitlich zustimmen, will Großenkneten höchstens 120.000 Schlachtungen pro Tag zulassen, das Trinkwasser soll Kreienkamp vom öffentlichen Versorger beziehen und die lauten LKWs dürften nicht durch die Ortsdurchfahrt Ahlhorn.

Folgt man freilich dem jüngsten Wahltrend in Großenkneten, wird es gar nicht erst soweit kommen: Im April wurde nicht wie erwartet der von CDU und FDP unterstützte, parteilose Ludger Bickschlag neuer Bürgermeister, sondern SPD-Ratsherr Thorsten Schmidtke – ein erklärter Gegner des geplanten Schlachthofes.

Und auch die Ahlhornerin Astrid Grotelüschen (CDU), die 2010 wegen ihrer Verstrickungen im Putenmast-Geschäft nach nur sieben Monaten ihr Amt als niedersächsische Landwirtschaftsministerin wieder abgab, bekam einen Dämpfer: Die Gemeinderats- und Kreistagsabgeordnete wurde in ihrem Wahlkreis zwar in den Bundestag gewählt, allerdings mit deutlichem Stimmverlust in Großenkneten. Über fünf Prozent weniger bekam sie im Gegensatz zur Bundestagswahl 2009, die SPD-Kandidatin gewann indes fast acht Prozent hinzu.

Bis zum 1. November stimmen die BürgerInnen nun ab. Die SPD im Gemeinderat spricht sich gegen den Schlachthof aus, die CDU und FDP dafür. Sollte das Ergebnis der Befragung mehrheitlich gegen Kreienkamp ausfallen, wollen sich beide Fraktionen dem Willen der BürgerInnen beugen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.