Wieczorek-Zeul über Panzerexporte: "Die Lieferung wäre eine Katastrophe"

Die ehemalige Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul über den geplanten Verkauf deutscher Leopard-2-Panzer nach Saudi-Arabien und wie man sie verhindern könnte.

Begehrtes Verkaufsobjekt: Leopard2-Panzer. Bild: dpa

taz: Frau Wieczorek-Zeul, der anstehende Export von bis zu 270 Leopard-2-Panzern nach Saudi-Arabien hat große Aufregung ausgelöst. Nun soll der Bundessicherheitsrat noch einmal entscheiden. Ist es für Sie als Ex-Sicherheitsratsmitglied wahrscheinlich, dass die Exportgenehmigung kippt?

Heidi Wieczorek-Zeul: Grundsätzlich ist es möglich, Entscheidungen wieder zurückzuholen, und das ist auch notwendig in diesem Fall. Jedenfalls hat es auch immer in der Vergangenheit Fälle gegeben, in denen Entscheidungen des Bundessicherheitsrates korrigiert wurden. Dies ist zum Beispiel bei der Verhinderung von Panzerlieferungen in die Türkei passiert.

Wovon könnte es denn abhängen, dass der Entschluss rückgängig gemacht wird?

Vom öffentlichen Druck. Es lohnt sich also, diesen zu verstärken. Die Lieferung der Leopard-2-Panzer nach Saudi-Arabien wäre in der Tat ein Paradigmenwechsel. Einen derartigen Export hat es weder zu rot-grünen noch zu schwarz-roten Zeiten gegeben, und vorher auch nicht.

Nun ist die Liste der Kleinwaffenlieferungen nach Saudi-Arabien aus rot-grünen wie schwarz-roten Zeiten ziemlich lang.

Auch dies war falsch, aber es ist mit der schwarz-gelben Panzerlieferung nicht zu vergleichen. Und wir haben doch auch eine veränderte Situation im Nahen Osten. Saudi-Arabien hat im Frühjahr bewiesen, dass es solches Gerät gegen die arabische Zivilbevölkerung einzusetzen bereit ist, als es seine Panzer in Bahrain einrollen ließ. Jetzt Saudi-Arabien Panzer zu liefern, wäre eine Katastrophe.

68, war von 1998 bis 2009 Entwicklungsministerin. Sie saß auch im Bundessicherheitsrat, der geheim über kritische Rüstungsexporte entscheidet.

Gleichwohl haben sich weder die rot-grüne noch die schwarz-rote Regierung an die in den 2000 formulierten Export-Grundsätzen verlangte "restriktive" Exportpolitik gehalten, oder?

Das stimmt so nicht! Ich kann nur sagen: Ich bin im Sicherheitsrat gegen jede Lieferung in Spannungsgebiete gewesen. Wenn ich weiterhin öffentlich provoziert werde, muss ich Kanzlerin Angela Merkel bitten, mich von der Geheimhaltungspflicht zu befreien.

Wenn nun mit der Bundeswehr auch die Rüstungsbestellungen schrumpfen müssen, ist die Rüstungsindustrie noch stärker auf den Export angewiesen als zuvor. Auch künftige Bundesregierungen werden Exportförderung betreiben müssen.

Darum es ist ja so wichtig, die Transparenz für die Rüstungsentscheidungen zu schaffen. Die SPD-Bundestagsfraktion hat schon im März beantragt, die Entscheidungen des Bundessicherheitsrats durch die Beteiligung des Bundestages transparent zu machen und das Parlament nach britischem und schwedischem Vorbild an den Entscheidungen zu beteiligen. Außerdem sollte meines Erachtens die Zuständigkeit für die Kontrolle beim Auswärtigen Amt gebündelt werden, statt sie zwischen Wirtschaftsministerium und Auswärtigem Amt aufzuteilen.

Wird sich eine mögliche künftige SPD-geführte Bundesregierung Ihrer Einschätzung nach an diesen Antrag erinnern?

Wir werden ihn auch auf dem Bundesparteitag einbringen. Man muss ihn natürlich dann auch ins Wahlprogramm aufnehmen. Ich kann allen Friedensinitiativen und NGOs deshalb wirklich nur raten, diese Frage auch zu einem Wahlprüfstein zu machen – nicht nur bei der SPD.

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