Wiederaufnahme des Nahost-Gesprächs: Ende der Funkstille

Israelis und Palästinenser reden wieder miteinander. Ein erstes Treffen nach drei Jahren verlief nach US-Angaben konstruktiv. In neun Monaten soll eine Lösung her.

Ein Friedenssymbol: Israelische und palästinensische Unterhändler brechen gemeinsam das muslimische Fasten. Bild: dpa

WASHINGTON/TEL AVIV dpa/afp | Die Friedensgespräche zwischen Israel und den Palästinensern sollen US-Außenminister John Kerry zufolge binnen neun Monaten zu einem Durchbruch führen. Beide Seiten würden sich innerhalb der kommenden beiden Wochen in Israel oder in den Palästinensergebieten zu „formellen Verhandlungen“ wiedertreffen, sagte Kerry am Dienstag in Washington. Ziel sei es, „im Verlauf der kommenden neun Monate“ zu einem Schlussabkommen zu kommen.

Erstmals seit drei Jahren haben sich Israelis und Palästinenser wieder zu direkten Nahost-Gespräche an einen Tisch gesetzt. Unterhändler beider Seiten trafen am Montagabend in Washington auf Einladung von US-Außenminister John Kerry zu einem Arbeitsessen zusammen, wie das State Department mitteilte. Das erste Zusammentreffen zum muslimischen Fastenbrechen sei positiv verlaufen.

„Es war ein konstruktives und produktives Treffen der beiden Parteien“, sagte ein Vertreter des US-Außenministeriums nach dem rund 90-minütigem Essen. Sie seien mit gutem Glauben und ernsthaften Absichten in das Treffen gegangen. „Wir freuen uns darauf, die Gespräche morgen früh fortzusetzen.“

Die Unterhändler waren auf Einladung von US-Außenminister John Kerry ins State Department gekommen. Von israelischer Seite nahmen Justizministerin Zipi Livni und Izchak Molcho, Gesandter von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, an dem Essen teil, von palästinensischer Seite Chefunterhändler Saeb Erekat und Mohammed Schtajeh.

Kerry hatte in monatelanger Pendeldiplomatie die Grundlagen für die Wiederaufnahme direkter Gespräche gelegt. Bei den zweitägigen Unterredungen in Washington handelt es sich zunächst aber nur um Vorgespräche, die eigentlichen Friedensverhandlungen sollen später starten.

Der Auftakt in der US-Hauptstadt verlief äußerst diskret. Beide Seiten äußerten sich nicht öffentlich, TV-Kameras waren nicht präsent. Die Gespräche sollten am Dienstagmorgen fortgesetzt werden. Kerry wollte dann auch mit den israelischen und palästinensischen Verhandlungsführern vor die Presse treten.

Notwendige Kompromisse auf beiden Seiten

US-Präsident Barack Obama äußerte sich nur verhalten optimistisch zu den Unterredungen. „Das ist ein vielversprechender Schritt voran, doch es stehen weiterhin harte Arbeit und harte Entscheidungen bevor“, erklärte er.

Ähnlich äußerte sich Kerry: „Ich weiß, dass die Verhandlungen hart sein werden, doch ich weiß auch, dass die Folgen, es nicht zu versuchen, schlimmer sein könnten.“ Wenn beide Seiten kompromissbereit seien, „dann ist Frieden möglich“, meinte Kerry im Vorfeld.

Die Palästinenser dämpften vor Gesprächsbeginn die Erwartungen. Es gehe in Washington noch nicht um Friedensverhandlungen, dafür müssten in den kommenden Wochen erst die Grundlagen ausgearbeitet werden, betonte der Sprecher für den Verhandlungsprozess, Jassir Abed Rabbo, im Radiosender Stimme Palästinas.

Zahlreiche Zankäpfel

Als Ergebnis der Friedensverhandlungen soll ein unabhängiger und demokratischer Staat Palästina entstehen. Im Zuge der sogenannten Zwei-Staaten-Lösung müssen sich Israel und Palästinenser auf eine gemeinsame Grenze einigen. Zugleich soll Israel Sicherheitsgarantien erhalten, dass von einem Palästinenserstaat keine Gefahr ausgeht.

Zu den schwierigsten Themen gehört der künftige Status Jerusalems: Die Palästinenser wollen im Ostteil die Hauptstadt ihres Staates ausrufen. Israel beansprucht die gesamte Stadt. Ein weiterer Zankapfel ist das Rückkehrrecht für rund 5,3 Millionen registrierte palästinensische Flüchtlinge – was Israel ebenfalls ablehnt.

Um eine Wiederaufnahme der Gespräche zu ermöglichen, hatten Israelis wie Palästinenser Zugeständnisse gemacht. Die Palästinenser gaben ihre Forderung auf, dass Israel noch vor dem Treffen in Washington die Grenzen von 1967 als Grundlage von Verhandlungen anerkennt und einen formellen Siedlungsstopp in Palästinensergebieten erklärt.

Israel wiederum hatte erst am Wochenende die letzte Hürde für die Vorgespräche aus dem Weg geräumt und die schrittweise Freilassung von 104 palästinensischen Langzeithäftlingen versprochen.

Rakete aus dem Gazastreifen in Israel eingeschlagen

Parallel zum Beginn der Nahost-Gespräche in Washington haben Unbekannte eine Rakete aus dem Gazastreifen Richtung Israel abgefeuert. Sie sei am Dienstag in offenem Gelände eingeschlagen. Es habe weder Opfer noch Schäden gegeben, sagte Polizeisprecher Mickey Rosenfeld auf Anfrage.

Seit dem Ende eines blutigen Schlagabtausches zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas im vergangenen November wird Israel nur noch sporadisch von Geschossen aus der Enklave getroffen.

Die Hamas sitzt nicht mit am Verhandlungstisch. Sie ist gegen Gespräche und will das ganze Palästina für den Islam zurückerobern. Um nicht erneut Ziel israelischer Angriffe zu werden, versucht sie jedoch, noch extremere islamistische Splittergruppen am Beschuss Israels zu hindern.

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