Wikileaks-Sprecher über seinen Ausstieg: "Jeder sollte austauschbar sein"

Der bisherige Wikileaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg erklärt, wieso er aus dem Enthüllungsprojekt ausgestiegen ist. Er kritisiert eine Verquickung zwischen Persönlichkeit und Organisation.

Die Enthüllungsplattform Wikileaks. Bild: dpa

taz: Bei Wikileaks nimmt Julian Assange eine sehr starke Stellung ein. Warum ist das ein Problem?

Daniel Domscheit-Berg: Es gibt aus meiner Sicht eine Verquickung zwischen Persönlichkeit und Organisation. Genau diese Verquickung führt dazu, dass die Grenze schwammig wird, und es schwer fällt das eine vom anderen zu trennen. So konnte ich dann anscheinend einfach suspendiert werden. Und so kommt auch Wikileaks in jeder Schlagzeile zu den Vorwürfen in Schweden vor. Ziel des Projekts war eigentlich immer, dass alle bekannten Personen austauschbar sein sollten.

Betreibt Julian Assange das bewusst oder haben ihn seine Anhänger in diese Rolle gedrängt?

Das kann nur er selbst beantworten. Ich kann nur sagen, dass es nicht möglich war, das aufzulösen. Einer der Gründe wieso ich nun weg bin.

Daniel Domscheit-Berg war bis vor kurzem Sprecher bei Wikileaks. Er hat die Plattform mit aufgebaut und nannte sich als ihr Sprecher immer Daniel Schmitt. Nach seinem Rücktritt offenbarte er seinen wahren Namen.

Weitere Macher von Wikileaks verabschieden sich von der Enthüllungsplattform. Mindestens ein halbes Dutzend Aktivisten seien gegangen, meldet das Internetportal Wired. Der isländische Computerexperte Herbert Snorrasson warf Wikileaks-Kopf Julian Assange auf seinem Twitter-Account anarchodin ein "Fuck off, Julian" an den Kopf. Wikileaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg hatte im aktuellen Spiegel seinen Abscheid vom Projekt verkündet.

War der Umgang mit den Vergewaltigungsvorwürfen ebenfalls ein Grund für Ihr Zerwürfnis? Zu viel Verschwörungstheorie?

Dieses Thema, bzw. der Umgang damit, spielt in meine Entscheidung sicher rein, ist aber nicht ausschlaggebend. Die Vorwürfe sind aus meiner Sicht sehr schwerwiegend und es wäre - egal wie - sinnvoller gewesen sie einfach ernst zu nehmen und sich um eine saubere Aufklärung zu bemühen anstatt es auf dritte Parteien zu schieben. Selbst wenn es alles eine Verschwörung ist, wäre dies die bessere Reaktion gewesen um den Wind aus den Segeln zu nehmen. Wie bei allen Aspekten geht es hier jedoch in der Hauptsache um strategische Entscheidungen zum Projekt - beispielsweise darüber, was und wie veröffentlicht wird - mit denen ich nicht einverstanden bin, und die ich so nicht weiter tragen kann.

Was machen Sie jetzt?

Erstmal werde ich mein Engagement nun sauber beenden. Danach sehe ich weiter. Dem Ideal von Transparenz und dem disziplinierten Leaken von Informationen werde ich ganz sicher verbunden bleiben.

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