Wilderei bedroht Südafrikas Rhinos: 50.000 Euro für ein Kilo Keratin

Nashörner im südlichen Afrika galten im 20. Jahrhundert fast als ausgerottet. Mühsam wurde ein Bestand wieder aufgebaut. Doch die illegale Jagd nimmt wieder zu.

Geil aufs Horn: auf dem asiatischen Schwarzmarkt erzielen die Nasenaufsätze der Rhinos Spitzenpreise. Die Hörner gelten als Aphrodisiakum. Bild: dpa

JOHANNESBURG afp | Die Tiere, die nicht sofort abgeschlachtet werden, erliegen später ihren schweren Wunden. Verendende Muttertiere lassen Junge zurück, die allein keine Chance haben. Auf diese grausame Weise endet in Südafrika in jüngster Zeit das Leben von immer mehr Nashörnern.

Der Grund: der horrende Schwarzmarktpreis für ihre Hörner, denen in der traditionellen asiatischen Medizin wundersame Eigenschaften zugeschrieben werden. Organisierte Wildererbanden machen daher gnadenlos Jagd auf die Schwergewichte, die einst Vorzeigeobjekte des Landes für gelungenen Artenschutz waren.

Die im südlichen Afrika heimischen Nashörner wurden im 19. und 20. Jahrhundert beinahe ausgerottet. Artenschutz machte es möglich, dass sich die Populationen erholten, so dass in Afrika derzeit wieder geschätzte 20.700 Breitmaul-Nashörner und 4800 Spitzmaul-Nashörner leben.

Doch die Nachfrage nach Nashörnern auf dem asiatischen Schwarzmarkt steigt rasant – mit bitteren Konsequenzen für die Säuger. Während in Südafrika 2007 noch 13 Nashörner gewildert wurden, waren es 2011 bereit 448. Dieses Jahr wurden bereits mehr als 200 der Tiere von Wilderern getötet.

Wildhüter unter Wildereiverdacht

Das Problem ist, dass das Rhinozeros-Horn auf dem Schwarzmarkt sein Gewicht quasi in Gold wert ist. Ein Kilogramm erzielt rund 50.000 Euro, was die illegale Jagd anheizt. Selbst vier Wildhüter aus dem berühmten südafrikanischen Krüger-Nationalpark wurden im Februar unter Wildereiverdacht festgenommen.

Doch das Bemühen um den Schutz der Tiere wächst, in Südafrika boomen derzeit Spendenkampagnen zum Schutz der Nashörner. Nicht alle der inzwischen fast 300 auf diesem Markt aktiven Organisationen gelten dabei aber als seriös. Die Aktivitäten haben aus Sicht von Tierschützern zudem allesamt einen unerwünschten Nebeneffekt: Die Spendenaufrufe machen endgültig publik, wie wertvoll die Rhino-Hörner sind.

„Kriminelle, die nie zuvor übers Wildern nachgedacht haben, stellen jetzt plötzlich fest, dass sich damit richtig Geld machen lässt“, meint Simon Gear von der Spendenorganisation Lead SA. Die Jagd nach dem Horn des Rhinozeros treibt derweil auch wahnwitzige Blüten.

So sägte auf einer Safari-Lodge im April ein Möchtegern-Jäger einem zur Dekoration aufgestellten Glasfaser-Rhinozeros das Horn ab. Aus Europa werden immer mehr Diebstähle echter Rhino-Hörner aus Museen, Zoos und Auktionshäusern gemeldet. Allein im vergangenen Jahr verzeichnete die europäische Polizeibehörde Europol den Diebstahl von 74 Rhino-Hörnern und acht Rhino-Schädeln.

Allheilmittel und Aphrodisiakum

In Vietnam gilt das gemahlene Rhino-Horn als Aphrodisiakum und Allheilmittel, sogar bei Krebs. Die Wirksamkeit des Mehls ist nirgendwo belegt – eigentlich besteht es vor allem aus Keratin, das beispielsweise auch Bestandteil menschlicher Fingernägel ist.

Doch ein wohlhabender Mann aus Hanoi beispielsweise, der nicht namentlich genannt werden will, schwört auf die Nashorn-Kur. Bei ihm sei vor neun Jahren Magenkrebs diagnostiziert worden, jetzt jedoch sei sein Zustand stabil. Er nehme täglich das gemahlene Horn zu sich – zusätzlich zu anderen Therapien, versteht sich.

Zum Schutz seiner Nashörner entsandte Südafrika im vergangenen Jahr sogar Soldaten – bis in den Kruger National Park hinein. Einige private Reservate, die sich keine bewaffneten Wächter leisten können, trennen den Rhinos vorsorglich ihre Hörner ab.

Andere versetzen die Hörner mit giftigen Substanzen oder Farbstoffen, um sie wertlos zu machen. Langfristig aber, da sind sich die Rhino-Schützer einig, kann neben strikteren Kontrollen nur eines den Nashörnern helfen: eine geringere Nachfrage durch eine bessere Aufklärung der Verbraucher.

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