Wirtschaftsförderung auf dem Prüfstand: Entwirrung des Förderdickichts

Der Rücktritt von Berlin-Partner-Chef René Gurka belebt die Diskussion um Fördertöpfe für Firmen. Eine Entscheidung fällt im neuen Senat.

Ein Bild aus erfolgreichen Tagen: René Gurka (Mitte) im vergangenen Jahr bei einem Auftritt mit Berlinale-Chef Dieter Kosslick und Klaus Wowereit (rechts). Bild: BerlinPartner

Der Rücktritt des obersten Berlin-Werbers René Gurka befeuert die Diskussion um eine Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung im Land. Die teils parallelen, teils unübersichtlichen Strukturen der Marketing-Agentur Berlin Partner, der Technologiestiftung TSB und der Tourismus-Experten von visitBerlin sind Politikern schon lange ein Dorn im Auge. Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) beklagte immer wieder den unübersichtlichen und damit mangelhaften Service für Unternehmen. Der scheidende Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) bekräftigte am Dienstag ebenfalls Überlegungen zu veränderten Strukturen. "Es ist richtig und notwendig, Berlin Partner und die Technologiestiftung zusammenzuführen", sagte Wolf der taz. Ihm ist das in seiner Amtszeit nicht gelungen. Wolf begründete dies mit notwendigen vorgelagerten Reformen beim Unternehmensservice.

Gurka war am Freitag von seinem Amt als Berlin-Partner-Chef zurückgetreten. Er zog damit die Konsequenz aus persönlichen Affären und Unregelmäßigkeiten bei der Agentur. So hatte Gurka in seinem Lebenslauf einen Studienabschluss für ein Fach angeführt, das es zum damaligen Zeitpunkt an der entsprechenden Universität gar nicht gab. Auch soll er mit seinem Dienstwagen in den Urlaub gefahren sein. Bei Berlin Partner war bei der Auftragsvergabe gegen Ausschreibungsregeln verstoßen worden. Gurka kam mit seinem Schritt einer möglichen Freistellung durch den Aufsichtsrat zuvor. Das Gremium hatte vereinbart, bei einer außerordentlichen Sitzung über die Zukunft von Berlin Partner zu beraten.

Dieses Treffen werde innerhalb der nächsten sieben Tage erwartet, sagte ein Sprecher von Aufsichtsratschef Peter Zühlsdorff. Dabei werde es wohl auch um eventuelle Abfindungszahlungen für Gurka gehen, der offiziell bis 14. Oktober im Amt ist. Eine Entscheidung über die Fusion der verschiedenen Förderagenturen im Land sei hingegen Aufgabe der Politik.

In der Tat hatte die SPD in ihrem Wahlkampfprogramm die Neuausrichtung erwähnt. "Um diese Institutionen noch strategischer aufzustellen und die Förderung aus einer Hand zu ermöglichen, werden wir in den kommenden fünf Jahren die Berlin Partner GmbH und die TSB GmbH zusammenführen", hieß es da. Auch der Investitionsbank Berlin (IBB) dürfte dabei eine neue Rolle zukommen. Die landeseigene Bank ist sowohl an Berlin Partner als auch an der Tourismus-Agentur visit Berlin beteiligt. Am Kapital der TSB hält der Senat ebenfalls Anteile.

Die Grünen streben laut Wahlprogramm an, die "Verantwortlichen der Wirtschaftsverwaltung aus den Bezirken und dem Senat, Berlin Partner, die Kundenberatung der IBB" an einem Ort zu bündeln. Weder der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Frank Jahnke, noch der Fraktionschef und Wirtschaftsexperte der Grünen, Volker Ratzmann, waren am Dienstag für eine Stellungnahme zu erreichen. IHK-Chef Jan Eder hatte zuvor erklärt, er gehe davon aus, dass die Zusammenführung der Agenturen zügig vorangehen kann, wenn ein neuer Wirtschaftssenator ernannt ist.

Die Betroffenen hielten sich mit Bewertungen zurück: Der Sprecher von Berlin Partner wollte sich gar nicht zu entsprechenden Spekulationen äußern, seine Kollegin von der TSB gab sich indirekt zurückhaltend. Der teils privaten, teils öffentlichen Stiftung geht es um die Förderung von Wissenschaft und Forschung. "Die Stiftung kommt von der Wissenschaft her", sagte Frauke Nippel. Schon deswegen seien Aufgaben und Denke eine andere als bei einer reinen Wirtschaftsförderung.

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