Wirtschaftsrede des US-Präsidenten: Obamas Lied gegen Ungleichheit

Offensive für mehr soziale Gerechtigkeit: So will US-Präsident Barack Obama die angeschlagene Wirtschaft seines Landes retten.

Der US-Präsident vor versammeltem Publikum. Bild: ap

WASHINGTON taz | In einer Grundsatzrede wiederholte Obama am Mittwoch sein langerklärtes Ziel, die Mittelschicht als wichtigstem Pfeiler der größten Volkswirtschaft der Welt zu stärken. Der Blockadepolitik der Republikaner sagte der sichtlich ungehaltene Demokrat den Kampf an. Er werde alles in seiner Macht stehende tun, um notfalls auch ohne das Votum der Konservativen durchzusetzen, was er könne.

„Die wachsende Ungleichheit ist nicht nur moralisch falsch, sie ist schlechtes Wirtschaften“, erklärte Obama unter tosendem Beifall im Knox College von Galesburg im Bundesstaat Illinois. „Diese Ungleichheit zurückzudrehen, muss Washingtons oberste Priorität sein.“ Wenn es der Mittelschicht schlecht gehe, schlage das negativ auf das Konsumverhalten und damit auf die Unternehmen zurück.

Während der durchschnittliche Topmanager in den USA 40 Prozent mehr verdiene als 1949, habe der durchschnittliche Amerikaner heute ein geringeres Einkommen als 1999. „Kein Vollzeitbeschäftigter darf in Armut leben“, so Obama.

Er setze sich unter anderem für eine Erhöhung der Mindestlöhne ein. Die soziale Durchlässigkeit in den USA sei schlechter denn je. „Das ist Betrug an der amerikanischen Idee.“

Plädoyer für soziale Sicherheit

Seine politischen Gegner in Washington hätten das Problem nicht nur ignoriert, sondern es durch „eine endlose Parade von Ablenkungsmanövern und herbeigeredeten Skandalen“ noch schlimmer gemacht. „Washington hat seine Augen nicht mehr auf den Ball gerichtet“, so Obama. „Das muss aufhören!“ Es reiche nicht, ständig gegen etwas zu sein, wenn man nicht für etwas sei. „Wenn ihr bessere Ideen habt, lasst sie uns wissen!“ richtete er an die Republikaner.

In der über eine Stunde langen Rede wiederholte der Präsident seine wirtschaftlichen Prioritäten für die verbleibende zweite Amtszeit: Neben würdigen Arbeitsplätzen für die Mittelschicht, gehe es vor allem darum, jungen Menschen eine gute Erziehung zu bieten. Er wolle durch neue Finanzierungsmodelle garantieren, dass die US-Bürger ihre Häuser sichern können. Ein weiterer Kernpunkt sei die soziale Absicherung im Alter.

Durch die Einwanderungsreform zahlten nun hunderttausende zusätzliche legalisierte Immigranten ihre Steuerbeiträge in die Sozialkasse. Obama unterstrich, dass er die Umsetzung seiner Gesundheitsreform weiter verfolge. „Seit 60 Jahren waren die Kosten für die Gesundheitsvorsorge bei uns nicht so niedrig wie jetzt“, erklärte er.

An dem Ort, an dem Obama 2005 als junger Senator seine erste wirtschaftspolitische Grundsatzrede gehalten hatte, verwies er am Mittwoch auch auf die Errungenschaften seiner Regierung, unter anderem die Rettung der Autoindustrie, Bankenkontrolle und steigende Unabhängigkeit in punkto Energie, zum Teil durch regenerative Technologien aber auch Gas.

Kritik von den Republikanern

Obamas Rede steht kurz vor Beginn des neuerlichen Tauziehens um den US-Haushalts im Herbst. Angeblich haben die Republikaner bereits angekündigt, dass sie die Etat-Verhandlungen scheitern lassen wollen, um die Regierung zahlungsunfähig zu machen.

Der konservative Sprecher des Parlaments, John Boehner, erklärte Obamas Rede zu einer leeren Hülle. „Das ist ein Osterei ohne Schokolade“, höhnte er. Der republikanische Minderheitenführer im Senat, Mitch McConnell, wertete Obamas Rede als parteipolitische Rhetorik, die nichts Neues bringe. „Wir haben das alles schon gehört“, erklärte er vor Obamas Auftritt.

Doch der hatte selbst gar nichts anderes angekündigt. Seine Rede enthalte keine neuen Ideen. Denn die werde er in den kommenden Wochen in einer Reihe weiterer Ansprachen präsentieren.

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