Wohnen: Mietwucher kann teuer werden

Bei Neuvermietungen sind der preislichen Phantasie der Berliner Vermieter bislang kaum Grenzen gesetzt. Nun regt der Senat an, in solchen Fällen das Wirtschaftsstrafgesetz anzuwenden.

In Berlin kann man derzeit so ziemlich alles vermieten. Bild: DPA

Der Senat hat ein neues Mittel gegen überhöhte Mieten ausgemacht. Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) weist die Bezirke in einem Rundschreiben darauf hin, dass Paragraf 5 des Wirtschaftsstrafgesetzes (WiSTG) gegen „Mietpreisüberhöhungen“ in Berlin wieder angewendet werden könne. Es gebe damit eine Möglichkeit, gegen hohe Preise bei Neuvermietungen anzugehen. Bisher sind Mieter nur gegen Mieterhöhungen in einem bestehenden Mietverhältnis geschützt – der Mietpreis darf hier nicht höher steigen als der Mietspiegel. Bei einem Umzug gilt dieser Schutz bisher nicht – der Vermieter darf verlangen, was er will.

Im bundesweit geltenden Wirtschaftsstrafgesetz heißt es, dass Mieten unangemessen hoch sind, sobald sie 20 Prozent höher sind als für vergleichbare Wohnungen und der Vermieter diesen Preis „infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen“ verlangt. Dass Wohnraum in ganz Berlin knapp ist, hatte der Senat bereits im April im Rahmen einer anderen Verordnung zum Mietrecht festgestellt. Nach Ansicht von Müller lässt sich diese Feststellung nun auf das Wirtschaftsstrafgesetz übertragen.

Dazu muss allerdings auch die Ausnutzung des knappen Angebots durch den Vermieter kommen. Urteilen des Bundesgerichtshofs zufolge ist das nur der Fall, wenn es keine günstigere Wohnung gab – und zwar in der gesamten Stadt. Der Mieter muss belegen, dass er vergeblich nach preiswerteren Angeboten gesucht hat.

Zuständig für die Kontrolle sind die Wohnungsämter der Bezirke. Die sind auf Hinweise von Mietern angewiesen und können theoretisch Bußgelder von bis zu 50.000 Euro gegen Vermieter verhängen. Unabhängig von diesem Ordnungswidigkeitenverfahren können die Mieter auch den Vermieter vor dem Zivilgericht verklagen, um eine Senkung der Miete durchzusetzen.

In Berlin wurde Paragraf 5 WiSTG bereits bis 2002 angewandt. Dann widersprach der Bundesgerichtshof – angesichts eines hohen Leerstands von damals mehr als 100.000 Wohnungen. Jetzt ist der Markt wieder knapp genug, so der Senat.

„Das ist ein Baustein von vielen, um die Mietpreisentwicklung abzudämpfen“, so Müllers Sprecherin Daniela Augenstein. Zwar seien die vom Bundesrecht vorgegebenen Hürden hoch, so dass die Regelung nicht bei jeder überteuerten Neuvermietung greifen wird. Aber zumindest sei „die Tür geöffnet“.

Der Geschäftsführer des Mietervereins zeigte sich erfreut: „Wenn die Bezirksämter jetzt aktiv werden, kann dies eine wertvolle Unterstützung für Mieter werden“, so Reiner Wild. Mehr Mitarbeiter bekommen die Ämter für diese Aufgabe allerdings nicht. Müllers Sprecherin Augenstein vermutet, die Bezirke würden nun „Fälle herauspicken, die Mustercharakter haben“.

Nach Ansicht des Grünen-Abgeordneten Andreas Otto ist das Instrument „eine eher umständliche Hilfslösung für Einzelfälle“. Zur Dämpfung des Mietenanstieges werde es wenig beitragen.

Der Vermieterverband BBU warnte seine Mitglieder am Donnerstag: Sie sollten jetzt das Wirtschaftsstrafgesetz „im Auge behalten“, heißt es im internen Mitgliederbereich der Webseite.

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