Wowereits Nachfolge: Wer eröffnet den Flughafen BER?

Die Kandidaten für das Amt des Regierenden Bürgermeisters in Berlin stehen bereit. Doch keiner geht ohne Manko ins Rennen.

Wer wird zukünftig auf dem Stuhl des Regierenden Bürgermeisters von Berlin sitzen? Bild: dpa

BERLIN taz | Klaus Wowereits Rücktrittsankündigung war kaum eine Stunde alt, da erklärte sich der erste Nachfolgekandidat: Fraktionschef Raed Saleh, 37, will im Dezember neuer Regierender Bürgermeister von Berlin werden. Doch auch andere gelten als Anwärter auf das Amt, das Wowereit am Dienstag „eine der größten Herausforderungen in der deutschen Politik“ nannte: eine Frau, ein geschasster Parteichef, der Mann, der ihn stürzte, und ein Parteiloser.

Ihr Problem, genau wie bei Saleh: Keiner und keine von ihnen hat bislang gänzlich überzeugen können. Saleh wurde vom Spiegel im April zum Kronprinzen hochgeschrieben. Er betont mantrahaft, linke, aber unideologische Politik zu machen, und das erfolgreich mit seinem Kollegen von der CDU-Fraktion.

Saleh machte die Fraktion, in der Vergangenheit oft nicht mehr als Abnickungsmaschine der Regierungspolitik, zu einem eigenen Machtzentrum neben Senat und Parteiführung. Dabei versucht er bürgerliche Kreise anzusprechen, lobt die Arbeit der Polizei, kritisiert fehlenden Respekt vor den Beamten und sieht all das doch als linke Politik.

Aber: Saleh ist kein Redner – was umso klarer wird, wenn er das Pech hat, dass im Abgeordnetenhaus nach ihm Klaus Wowereit spricht. Saleh, im ehemaligen Westjordanland geboren und als Kind nach Berlin gekommen, hat einen Satzbau, der schon mal als holzschnittartig beschrieben wurde. Als im Frühjahr im Abgeordnetenhaus über die Bebauung des Tempelhofer Feldes debattiert wurde, argumentierte er mit notwendigen Toiletten und formulierte: „Auch ein grüner Hippie muss mal Pippi“.

Wowereits Kronprinz

Viel besser reden kann Michael Müller, 49, seit 2011 Senator für Stadtentwicklung, als langjähriger Partei- und Fraktionschef früher natürlicher Kronprinz Wowereits. Doch das half ihm auch nicht, als er vor zwei Jahren bei einem Parteitag als SPD-Landeschef abgewählt und durch den seitherigen Vorsitzenden Jan Stöß, 41, ersetzt wurde. Zu nah dran an Wowereit sei Müller, der bis zur Bildung des aktuellen rot-schwarzen Senats auch die Abgeordnetenhausfraktion führte, zu wenig eigenes Profil habe die Partei in einer solchen Konstellation.

Die Berliner SPD-Mitglieder werden direkt über den Kandidaten für die Nachfolge von Regierungschef Klaus Wowereit entscheiden. Nach einem Beschluss des Landesvorstands werde es einen Mitgliederentscheid über zwei Personalvorschläge geben, kündigte der stellvertretende Landesvorsitzende Fritz Felgentreu am Dienstag an. Derweil hat Berlins SPD-Landesvorsitzender Jan Stöß angekündigt, er wolle Regierender Bürgermeister in der Bundeshauptstadt werden. Damit ist zwischen ihm und Fraktionschef Raed Saleh ein offener Machtkampf um die Nachfolge Klaus Wowereits entbrannt. (dpa)

Stöß hat der Berliner SPD auch auf Bundesebene durchaus mehr Standing verschafft und ist zudem der erste Landeschef, der es in den Bundesvorstand schaffte. Parteimitglieder halten ihm aber zunehmend vor, sich zu sehr als Wowereit-Ersatz in Stellung zu bringen.

Die Kandidatin, Dilek Kolat, 47, ist seit zweieinhalb Jahren Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen. Eine Frau mit herzlichem Auftreten und Outfits in manchmal schrillen Farben. Sie war es, die im Frühjahr den festgefahrenen Konflikt um ein Flüchtlingslager auf einem öffentlichen Platz im Stadtteil Kreuzberg löste. Der gewaltsame Polizeieinsatz, der zuvor unausweichlich schien, blieb dank ihr aus. Ihr Name wurde seit Monaten gehandelt, am Dienstag aber machte sie den Spekulationen allerdings ein Ende und sagte, sie stehe für die Nachfolge nicht zur Verfügung.

Während bei all diesen vieren das Problem die nicht unbedingt überwältigende öffentliche Unterstützung ist, wäre sie beim fünften potenziellen Kandidaten das geringste Problem. Ulrich Nußbaum, 57, ist seit Längerem in Umfragen der beliebteste Spitzenpolitiker im Land, und das, obwohl er – seit 2009 Finanzsenator – keiner ist, der sich mit Steuergeschenken Stimmen gesichert hätte. Nußbaum ist eloquent, könnte auch als Dressman für elegante Herrenmode durchgehen und ist als vermögender Exunternehmer vom Politbetrieb unabhängig. Aber er ist kein SPD-Mitglied, will bislang auch keins werden und wäre darum den Genossen nur schwer zu vermitteln. „Ein Parteibuch sagt per se nichts über die Qualität der Politik aus, die man macht“, sagte Nußbaum erst jüngst – kein Satz, den auch nur irgendeine Partei gern hört.

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