Wulff-Witze im Netz: Mr. Bundespräsidon't

Schon kurz vor Wulffs Rücktritt brach der Kommentarsturm über Twitter herein. Ob nun Karnevalswagen verbrannt würden? Oder Markus Lanz Bundespräsident werde?

Musste nur geändert werden: Karnevalsfigur Wulff. Bild: dpa

BERLIN taz | Es war ein Sturm, der über Twitter hereinbrach, kurz vor elf in Deutschland, er hatte sich am Tag zuvor schon angekündigt. Nach dem Antrag auf Aufhebung seiner Immunität hatte Wulff angekündigt, sich am Freitag erklären zu wollen: "Ich bitte Sie um Geduld bis dahin. Vieles wird dann für Sie verständlicher, so hoffe ich."

Am Freitagmorgen dann brach es los, das letzte, allerletzte hämische Witzefeuerwerk über den scheidenden "Bundespräsidon't". Es war fast wie ein Aufatmen, denn die letzten Tage war kaum einem mehr etwas Neues eingefallen zur Causa Wulff. Wie PickiHH schon vor vier Tagen schrieb: "Heute abend bei 'Hart aber fair' schon wieder Thema Wulff und als Gast schon wieder Peter Hintze. Der Rubikon führt bald kein Wasser mehr."

Ein kleines Rinnsal war aber noch da: Um den Unterhaltungswert hochzuhalten, hatte nyarla23 ein Buzzword-Bingo zur Rede bereitgestellt. Die größte Sorge allerdings galt dem Karneval: In Köln, mutmaßte Catenaccio wurden wohl bereits "24 Karnevalswagen wegen Inaktualität verbrannt".

Wulff-Verteidiger fanden sich fast keine mehr. Und das, obwohl man das Phänomen Wulff durchaus als Metapher auf die deutsche Gesellschaft lesen kann, wie Malte Welding das getan hat: Wulff sei wie ein "ins Monströse aufgeblasene Kind", das zwar den Ansprüchen nicht gerecht werden könne, aber Verständnis und Bewunderung einfordere, weil es sich bemühe. Die bisher von den Verteidigern eingeforderte Unschuldsvermutung könne hier kein Argument sein, denn: "Natürlich muss ich dem Präsidenten nicht nachweisen, dass er nicht für das Amt taugt. Ich muss es nur so empfinden."

Dieses Empfinden habe auch gute Gründe, schließlich kam Wulff in den Verdacht, korrupt zu sein, ein Verbrechen, das sich fast nie nachweisen lasse: deswegen "gilt es für alle Amtsträger, den Anschein zu meiden." Und das hat Wulff nicht getan, noch nicht einmal verstanden. Drum sollte man Wulff "nicht nur fortjagen, sondern auch noch auslachen".

"Die Bildzeitung hat gewonnen"

Es gab trotzdem einige wenige Stimmen, die zwar nicht Wulff zur Seite sprangen, aber mit dem Rücktritt unglücklich waren. Am prägnantesten hat Nilz Bokelberg das Missbehagen in seinem ironischen Ausruf zusammengefasst: "Yay! Die Bildzeitung hat gewonnen!".

Aber dieses Detail ging schnell unter in der allgemeinen Spekulation über einen möglichen Nachfolger. Kein Name, der die letzten vier Wochen in den Schlagzeilen war, blieb unerwähnt, und immer wieder, immer gerne Markus Lanz. Mit dem ihm eigenen Agitprop-Einschlag hatte sich Fefe bereits am Tag zuvor für Georg Schramm stark gemacht: Da ja nun die Piraten nach ihrem Einzug ins Berliner Abgeordnetenhaus zwei Mitglieder der Bundesversammlung stellen dürften, sollten die von ihrem Vorschlagsrecht Gebrauch machen und den Kabarettisten in den Kreis der Kandidaten heben.

Schließlich sei Schramm der Mann, "der das Amt nutzen würde, um mal auf den Tisch zu kloppen." Schramm hatte vor anderthalb Jahren auf der Bühne sein Bundespräsidenten-Programm verkündet und danach viel Sympathie erfahren. Was als Kabarett-Beitrag begann, könnte nach 598 Tagen Wulff tatsächlich Realität werden, wie Fefe versichert: "Falls jemand zweifelt: nein, das ist völlig ernst gemeint."

Was bleibt nun von Christian Wulff, jenem Bundespräsidenten "mit den wenigsten unterschriebenen Ehrenurkunden für Bundesjugendspiele"? Merkel bleibt, wenn man dem aktuellen Diskussionsstand Glauben schenken darf. Erstaunlicherweise interessierte sich kaum jemand für ihre Rede, und ihr Vorhaben, mit SPD und den Grünen einen gemeinsamen Kandidaten zu finden, wurde in den sozialen Netzwerken von einem Schweigen begleitet, das man angesichts der vorherigen Spottlust als wohlwollend deuten muss.

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