Wulff und seine Affäre: Nichts, was nicht auszusitzen wäre

Wutanrufe, Kreditaffäre, Glaubwürdigkeitsprobleme? Christian Wulff hofft, das alles in einem Jahr hinter sich gelassen zu haben. Die Opposition glaubt nicht, dass der Bundespräsident so lange bleibt.

Den Blick gen Zukunft gerichtet: Bundespräsident Christian Wulff. Bild: dapd

BERLIN afp/dpa | Bundespräsident Christian Wulff hat laut einem Zeitungsbericht bei einem Neujahrsempfang für seine Mitarbeiter die Hoffnung geäußert, die Affäre um seinen Privatkredit sowie seinen umstrittenen Anruf bei Bild-Chefredakteur Kai Diekmann im Amt zu überstehen. Wie die Bild am Sonntag (BamS) berichtet, soll Wulff auf dem Neujahrsempfang am Freitagnachmittag gesagt haben: "In einem Jahr ist das alles vergessen." Der Präsident habe versichert, er wolle bis 2015 einen guten Job machen und sei zuversichtlich, "dass dieses Stahlgewitter bald vorbei ist", hieß es weiter.

Wulff habe betont, er wolle dem Amt den zweiten Rücktritt nach Horst Köhlers Abgang im Mai 2010 ersparen, berichtet die BamS. Nach Informationen der Zeitung treibt Wulff mit seinem Staatssekretär Lothar Hagebölling die Planungen für das neue Jahr voran. Besonders im Fokus stehe dabei der Empfang für die Angehörigen der Opfer des Zwickauer Neonazi-Trios am 23. Februar.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid für die Zeitung glaubt eine Mehrheit von 53 Prozent der Deutschen, dass Wulff in der Kredit-Affäre "eher die Unwahrheit gesagt hat". Außerdem sind die Bundesbürger demnach mit großer Mehrheit (60 Prozent) davon überzeugt, dass der Präsident die für ihn unangenehme Berichterstattung über den 500.000-Euro-Kredit unterdrücken wollte.

In der schwarz-gelben Koalition wächst die Kritik an Bundespräsident Christian Wulff (CDU). Der FDP-Vizevorsitzende Holger Zastrow forderte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) vom Staatsoberhaupt mehr Aufklärung in der Affäre um dessen Umgang mit einem Privatkredit und mit den darüber berichtenden Medien: "Die Vorwürfe müssen ausgeräumt werden, und das ist noch nicht gänzlich geschehen." Es sei irritierend, wie Wulff sich scheibchenweise der Wahrheit nähere, "wie er sich entschuldigt und noch mal entschuldigt", sagte der sächsische FDP-Vorsitzende, der 2010 für Wulffs Gegenkandidaten Joachim Gauck gestimmt hatte.

"Ungeschicklichkeiten und Fehler"

Für die Union sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe zwar dem Spiegel, Wulff verdiene trotz "Ungeschicklichkeiten und Fehler" eine Chance, Vertrauen wieder aufzubauen. Und CSU-Chef Horst Seehofer erklärte: "Wir stellen uns hinter Menschen in Schwierigkeiten, es sei denn, die Schwierigkeiten sind so groß, dass man das nicht mehr verantworten kann. Das ist bei Christian Wulff nicht der Fall."

Zugleich sagte aber der CDU-Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz dem Magazin: "Mit der scheibchenweisen Aufklärung des Sachverhalts hat sich Christian Wulff keinen Gefallen getan." Der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein rügte: "Das Krisenmanagement ist nicht professionell und seine Kommunikation oft auch nicht."

Die Opposition forderte unverhohlen den Rücktritt des Bundespräsidenten. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber sagte im Spiegel: "Wulff hat das Amt des Bundespräsidenten so beschädigt, dass er darin nicht verbleiben kann." SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte der FAS, Wulff habe seine Glaubwürdigkeit verloren. "Ich frage mich, wie er in Zukunft sein Amt, das an dieser Glaubwürdigkeit hängt, noch ausüben will."

Die Grünen reden bereits über einen Nachfolger. Die Parteivorsitzende Claudia Roth sagte der Welt am Sonntag zwar, derzeit stelle sich die Frage nicht. Zugleich forderte sie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) aber auf, im Falle eines Rücktritts eine Verständigung mit der Opposition zu suchen. Dann "erwarte ich, dass Angela Merkel auf die politischen Kräfte in diesem Land zugeht mit einem wirklichen Interesse an einem überzeugenden und glaubwürdigen gemeinsamen Kandidaten".

Haben sich Parteichefs über weiteres Vorgehen geeinigt?

Die schwarz-gelbe Koalition hatte am Samstag vehement Medienberichte dementiert, denen zufolge sich die drei Parteichefs für den Fall eines Rücktritts von Wulff bereits über das Vorgehen geeinigt haben sollen. Die Rheinische Post und die FAS schrieben, Kanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und FDP-Chef Philipp Rösler wollten dann einen Kandidat vorschlagen, dem sich die Opposition schwer verweigern kann.

Zudem waren am Samstag weitere Details der Affäre berichtet worden. So soll Wulff laut Spiegel vor der ersten Berichterstattung der Bild-Zeitung über seinen Privatkredit nicht nur dem Bild-Chefredakteur Kai Diekmann gedroht haben, sondern auch in dem bereits bekannten Anruf beim Springer-Vorstandsvorsitzenden Mathias Döpfner. Der Verlag bestätigte die Darstellung des Magazins.

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