YouTube-Nutzung bei Jugendlichen: Erklär's mir auf YouTube

Die Hälfte der Jugendlichen nutzt die Videoplattform zum Lernen und Recherchieren, ergibt eine Befragung. Schlimm ist das nur, wenn man's ignoriert.

Drei Mädchen über ein Tablet gebeugt

Hausaufgaben macht man auf YouTube – kommt drauf klar! Foto: dpa

Sie haben sogar ein Video dazu gemacht! Ist ja auch konsequent von den Wissenschaftler*innen, die erforscht haben, wie viel und wozu Jugendliche YouTube nutzen. Das Video ist nicht besonders spannend, ein bisschen klischeehaft und es kommen nur Jungs vor. Davon abgesehen ist es aber wichtig, dieses Ergebnis der Studie, die der „Rat für Kulturelle Bildung“ am Dienstag veröffentlicht hat.

Demnach nutzen nämlich gut 40 Prozent der Jugendlichen die Videoplattform YouTube als Informationsquelle für die Schule. Nach der Video-Attacke von Rezo auf die CDU eine Woche vor der EU-Wahl kommt die Studie nun genau richtig für alle, die von YouTube überhaupt erst durch Rezo erfahren haben.

Wer jetzt herausfinden will, was dieser Rat für Kulturelle Bildung eigentlich ist, kann das natürlich über YouTube recherchieren – findet dann aber hauptsächlich Videos von ebendiesem Rat. Womit wir gleich schon mal das Hauptproblem von YouTube als Informationsquelle angeschnitten hätten. Aber erst mal zur Studie.

Der Rat für Kulturelle Bildung ist ein bildungspolitischer Think Tank, der von verschiedenen deutschen Stiftungen finanziert wird, darunter Deutsche Bank-, Bertelsmann- und Mercator-Stiftung. Die vom Rat beauftragte Studie ist zwischen Februar und März dieses Jahres entstanden. Sie zeigt in Ansätzen, wie oft und wie Jugendliche YouTube für die Schule nutzen.

Videos helfen beim Lernen und Wiederholen

Dafür haben Forscher*innen des hessischen Ifak-Instituts für Sozialforschung 818 deutschsprachige Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren befragt. Die Jugendlichen wurden persönlich interviewt, die Verfasser*innen der Studie sprechen von einer repräsentativen Auswahl in Sachen Alter, Geschlecht und Bildung. Damit sollte das Ergebnis auch repräsentativ für Deutschland sein.

Dabei kam zunächst heraus, dass 86 Prozent der Befragten YouTube nutzen. Die Videoplattform sei das „Leitmedium und digitaler Kulturort von Jugendlichen“, folgert die Studie. Noch häufiger genutzt war als Medium unter den Befragten nur der Instant-Messenger WhatsApp, von dem 92 Prozent angaben, dass sie ihn verwenden.

Videos komsumieren ist noch keine Fähigkeit. Die Fähigkeit besteht im Erkennen der richtigen Quelle

Knapp die Hälfte aller Befragten befinden die Plattform als wichtige Lernhilfe oder Informationsquelle für die Schulen. 47 Prozent sagten, Youtube-Videos seien wichtig oder sehr wichtig bei Themen, die in der Schule behandelt werden. Diese Gruppe nutzt Videos etwa zum Wiederholen von Schulstoff oder für die Hausaufgaben.

Im Idealfall ist YouTube ein Marktplatz für Skills, also Fähigkeiten, und Wissen. Auch bei den Über-19-Jährigen gibt es kaum jemand, der oder die noch nie ein Webvideo aufgerufen hat um etwas zu lernen – wie man den Abfluss befreit, eine Frittata macht oder wie Nordlichter entstehen. Direktes Feedback und der gnadenlose Wettbewerb um Klicks schult zudem die Videomacher*innen darin, Infos kurz, einfach und anschaulich zu vermitteln. Die beste Schule also eigentlich. Auch die Jugendbildung ist längst auf YouTube – wenn sie gut ist.

Oder aber sie führen in die Irre

Im schlechtesten Fall jedoch ist die Plattform ein überfordernder Ozean von beinahe-aber-nicht-ganz-korrekter Information, stark vereinfachten und dadurch verkürzten Erklärungen, veralteten wissenschaftlichen Erkenntnissen und urbanen Mythen. Und da sind wir noch gar nicht bei der gezielten Desinformation oder rechten Verschwörungstheorien angekommen. Die Bildungsministerin Anja Karliczek hat auch direkt gewarnt und angemahnt, dass man Lehrkräfte besser dafür sensibilisieren müsse (und gleich noch mal Werbung für ihren Digitalpakt gemacht.)

YouTube ist beides. Und Videos konsumieren ist noch keine Fähigkeit. Die Fähigkeit besteht im Erkennen der richtigen Quelle. Die Diskussion um den YouTuber Rezo hat gezeigt, wie wichtig es ist, mit Belegen zu arbeiten und Informationen bis zur Quelle nachzuvollziehen. Wenn die Nutzer*innen hier die nötigen Skills und eine skeptische Grundeinstellung haben, ist Lernen per YouTube eine tolle Sache. Grundsätzlich prima oder grundsätzlich schlecht ist diese Plattform – wie jedes Medium – nicht.

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