ZIVILCOURAGE: Zeigefinger gegen Gewalt

BVG, Senat und Polizei stellen neue Sensibilisierungskampagne gegen Gewalt vor. Per Handy oder Notrufsäule Hilfe rufen, heißt der erste Rate der Experten. Aber reicht das?

Ruf die Polizei: Plakataktion soll die Notrufsäulen bewerben. Bild: dpa

Mit einer neuen Sensibilisierungskampagne wollen BVG, Senat und Berliner Polizei zu mehr Zivilcourage bei Gewalt im öffentlichen Raum auffordern. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) und Sigrid Nikutta, Vorstandsvorsitzende der BVG, stellten die Kampagne unter dem Motto "Deine Waffe gegen Gewalt" am Dienstag im U-Bahnhof Alexanderplatz vor. Auf Plakaten soll in U-Bahnhöfen dazu aufgefordert werden, in Notsituationen Hilfe über das Handy oder die SOS-Notrufsäulen an den Bahnsteigen zu holen.

Die Kampagne sei ein Teil des "Maßnahmenpakets Sicherheit", erklärte Nikutta. Die Wahrscheinlichkeit, im öffentlichen Nahverkehr Opfer einer Straftat zu werden, sei zwar gering, aber es müsse verhindert werden, dass Menschen, die Zeugen einer Gewalttat werden, in einen Schockzustand gerieten und schlicht zu überfordert seien, um einzugreifen. Die Kampagne solle daher aufzeigen, welche Maßnahmen man in diesen Situationen ergreifen könne. Bei Betätigung der Säule würde sich sofort die Sicherheitsleitstelle melden und so lange in Kontakt bleiben, bis das Personal vor Ort sei, erklärte Nikutta. Wie lange dies dauere, hänge vom Einzelfall ab.

Soll man den Täter als Außenstehender also nicht direkt ansprechen? Körting sagte, er wolle nicht, dass sich Nichtbetroffene auf eine körperliche Auseinandersetzung einlassen. Stattdessen sollten sie Hilfe holen. "Eine absolute Sicherheit gibt es nicht", so Körting. Die Kampagne werde aber auch zur "Verunsicherung von Tätern beitragen". Hans-Gerd Jaschke, Dozent für Sicherheitsmanagement an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und als Experte bei der Präsentation vor Ort, sagte: "Es geht der BVG darum, die Hemmschwellen abzusenken und klar zu machen, dass jeder helfen kann." Dadurch würden mehr Leute erreicht. Auch Ramona Meisel, Projektkoordinatorin beim Verein "Aktion Zivilcourage", erklärte: sei das Risiko zu groß, solle man keinesfalls einschreiten. Zivilcourage bedeute auch, die Polizei zu verständigen oder Passanten aufmerksam zu machen: "Zivilcourage zeigen heißt sich wehren, sich einsetzen oder auch eingreifen. Es ist wichtig, in solchen Situationen die eigene Handlungskompetenz richtig zu beurteilen."

Ein junger Mann, Zeuge der Präsentation am Alex, äußerte sich skeptisch: "Ich glaube, diesen Knopf zu drücken bringt gar nichts." Es müsse stattdessen mehr Personal angestellt werden. Dies sei ebenfalls Teil des beschlossenen Maßnahmenkatalogs und bereits sichtbar, so Nikutta. Ein älterer Herr fand die SOS-Säulen dagegen gut. Dennoch: "Mehr Personal wäre natürlich eine gute Ergänzung. Beides ist wichtig."

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