ZWISCHENBILANZ: Alle Tiere dieser Erde

Wenns um den Tierschutz geht, gibt es viele Initiativen von der grünen Abgeordneten Linda Neddermann. Nur Greifbares kommt dabei kaum heraus.

Ein Delfin - süß!, Pingu - süß, Schäfchen - auch süß, Reh - total süß, Katze: kastriert. Bild: Archiv

Der Zirkus Belly ist noch da, mit Tigern und mit Löwen, Alligator, Pferden und Kamelen. Bis 15. April dauert das Gastspiel. Auch die Ponys auf der Osterwiese trotten weiterhin im Kreis – trotz grüner Intervention. So gesehen hat Linda Neddermann, die Tierschutzpolitikerin der Bremer Grünen, bislang wenig erreicht. Dabei gehört sie zu den tätigsten Fraktionsmitgliedern.

Sie wird nicht aufgeben, bei den Zirkus-Wildtieren. Im Dezember hatte Rot-Rot-Grün im Parlament beschlossen, Zirkusse, wie Belly einer ist, in Bremen zu verbieten. Kann das Land aber nicht – jedenfalls kann es das vor einem Gericht nicht durchsetzen, sagte Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) jüngst in der Bürgerschaft. „Das geht doch!“, trotzt jetzt Linda Neddermann, die 24-jährige Politikmanagement-Studentin. Sie will nun den bisher eher im Verborgenen agierenden Tierschutzbeirat in der Behörde anrufen, außerdem hat sie bei der Tierrechtsorganisation Peta Rat gesucht. Die verweist auf mehrere kommunale Beispiele: In Stuttgart oder Potsdam etwa hat das die Verwaltung übers Mietrecht geregelt. Die Bremer Initiative war jenem Wildtierverbot nachempfunden, das vom Verwaltungsgericht Chemnitz 2008 kassiert worden war: Es sei ein unzulässiger Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Freiheit der Berufsausübung. Neddermann ficht das nicht an. „Für mich ist das noch nicht gelaufen.“Für die Gesundheitsbehörde schon – solange sich auf Bundesebene nichts ändert, so die Auskunft. Der Bund könnte ein solches Verbot zwar erlassen, wie eine ganze Reihe EU-Länder, will aber derzeit nicht. Eine Bundesratsinitiative ist kürzlich gescheitert.

Nicht einmal mit einer Verbandsklage, die Rot-Grün in der vergangenen Wahlperiode eingeführt hat, ist Zirkus Belly beizukommen. Die, heißt es beim Tierschutzbund, wäre nur möglich, wenn Bremen eine Genehmigung erteilt hätte. Musste die Stadt aber nicht. Und selbst die wäre nur angreifbar gewesen, wenn sie gegen geltendes Recht verstoßen hätte – ein Auftrittsverbot für Zirkustiere etwa, das es in Bremen nicht gibt. Die allgemeine Richtlinie zum Thema lässt sich laut Wolfgang Apel, Ehrenpräsident des Tierschutzbundes, allzu leicht erfüllen. Eine Verbandsklage, doch, das habe er „sehr wohl überlegt“. Allein: „Es wäre eine Totgeburt gewesen.“

So bleibt ihm nur, zu demonstrieren. „Ihr Vergnügen ist sein Leid“ steht auf einem Plakat mit einem Tiger hinter Gittern. „Wie es sich für eine Direktion gehört“, präsentiere „Prinzipial“ Klaus Köhler seine „Tiger & Löwen-Nummer“, schreibt der Zirkus auf seiner Homepage.

„Wir setzen uns weiter aktiv für die Interessen des Tierschutzes ein“, heißt es im Koalitionsvertrag. „Daher bekämpfen wir konsequent jede Form der Tierquälerei.“ Der Zoo in Bremerhaven mit seinen Pinguinen, Polarfüchsen, Pumas und vor allem Eisbären gehört offenbar nicht dazu, jedenfalls fehlt er noch auf Neddermanns Agenda. „Das ist eine ganz andere Debatte“, sagt sie, und: „Es gibt auch vernünftige Zoos.“ Ob der in Bremerhaven dazugehört? „Das kann ich nicht sagen“. Peta offenbar schon: „Eisbären in Bremerhaven verhaltensgestört“, resümierten die Tierrechtler 2010 das Ergebnis einer Langzeit-Videostudie. Keine Überraschung, denn Eisbären sind extrem wanderfreudige Tiere. In der Schweiz hat man ihre Haltung in Zoos abgeschafft – weil sie zwangsläufig Quälerei bedeutet.

Neddermanns Hündin heißt Sophie, Matti das Pferd, Kaninchen hält sie auch. Die Obervieländerin ist nach eigenem Bekunden „Wald- und Wiesen-Reiterin“, im Wahlkampf war sie mitunter hoch zu Ross unterwegs.

Wenig vorangekommen sind seither selbst jene Tierschutzthemen, wo Konsens auch über die Koalition hinaus herrschte – die Frage der Hundeauslaufflächen etwa. Und wenig sagen lässt sich über Neddermanns Projekt, in Bremens öffentlichen Einrichtungen nur noch Nahrungsmittel aus artgerechter Tierhaltung anzubieten. „Eine zentrale Erfassung der Herkunft der Produkte gibt es nicht“, antwortete der rot-grüne Senat. Es werde „geprüft“, ob dieser „Aspekt“ im Rahmen „der Ausschreibungsverfahren“ künftig „verstärkt Berücksichtigung“ finden könne.

Immerhin wissen wir jetzt, dass der Verbrauch von Tieren an der Uni gestiegen ist, seit Rot-Grün regiert. Waren es 2006 nur sechs und 2007 schon 25 Ratten, verbrauchte die Uni 2010 bereits 92, bei Amphibien ist die Entwicklung ähnlich, der Kampf gegen die die Affenversuche des Neurobiologen Andreas Kreiter geht weiter – bislang ergebnislos. „Der Tierschutz in Bremen steht nicht still“, sagt Neddermann. Es klingt fast wie eine Drohung.

Demo gegen Zirkus-Tierhaltung, 7. 4., 14 Uhr, Weserpark
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