Zeitarbeit in Wietze: Lohndumping-Vorwürfe gegen Geflügelschlachter
Niedersachsens Landtagsgrüne kritisieren den Einsatz von Leiharbeitern in Wietze.
HANNOVER taz | Sechs Wochen nach Produktionsbeginn in der umstrittenen Geflügelschlachtfabrik in Wietze werfen Niedersachsens Landtagsgrüne der Firma Rothkötter Lohndumping vor. Fünf Millionen Euro Wirtschaftsförderung hat Investor Franz-Josef Rothkötter von der schwarz-gelben Landesregierung zum Aufbau von Arbeitsplätzen erhalten.
Mindestens 250 waren vereinbart, von Stundenlöhnen über zehn Euro war einst die Rede. Zum Produktionsstart hatte er verkündet, mit 325 Arbeitsplätzen "Menschen aus der Region eine dauerhafte Perspektive" zu bieten.
In der Jobbörse der Arbeitsagentur hat eine Zeitarbeitsfirma nun 45 befristete Leiharbeitsstellen für das Unternehmen ausgeschrieben - Stundenlohn 7,79 Euro, der Mindestlohn, den der Tarifvertrag des Bundesverbands Zeitarbeit vorsieht. Bis Mittwoch hatte die Firma auch auf ihrer eigenen Homepage 20 Leiharbeiter für Rothkötter gesucht, ebenfalls zur "Vergütung nach Tarifvertrag DGB-BZA". Der Schlachthofbetreiber selbst sucht Aushilfen auf 400-Euro-Basis.
Für Grünen-Agrarpolitiker Christian Meyer ist klar: "Hier werden Löhne und Kosten gedrückt." Sein Fraktionskollege Enno Hagenah wirft Rothkötter vor, mit einer Mischkalkulation aus dem Mindestmaß an Festangestellten und dem dauerhaften Einsatz von Leiharbeitern "Gewinnmaximierung auf Kosten der Allgemeinheit" zu betreiben.
Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) wies das am Donnerstag strikt zurück: Die Jobanzeigen könne sein Ministerium im Netz nicht finden. Mit 340 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen habe Rothkötter die Förderbedingungen aber "übererfüllt". 9,50 Euro zahle er während sechs Monaten Probezeit, danach 10,56 Euro.
Zum "Spitzenausgleich" würden 30 Zeitarbeiter eingesetzt, Menschen ohne Schulabschluss, die "wenn sie sich bewähren" übernommen werden. Dem Ministerium habe Rothkötter angegeben, ihnen mit über acht Euro mehr als den Zeitarbeit-Mindestlohn zu zahlen. "Lobenswert", findet Bode das. Die Firma Rothkötter selbst war für die taz nicht zu erreichen.
Leser*innenkommentare
Pater Brown
Gast
@ Braunbär:
Na klar, man mag von einem solchen Mega-Tötungsunternehmen halten, was man will! Hauptsache, es gibt Arbeitsplätze. Die CDU-FDP-Wirtschaftsmafia kennt halt ihren Brecht: erst kommt das Fressen und dann die Moral. Dass diese Überproduktion an billigem und qualitativ und geschmacklich minderwertigem Hühnchenfleisch keiner braucht, da der Markt übersättigt ist und die Preise kaum die Produktionskosten decken, dass für die Millionen Hühnchen Soja aus den Tropen importiert wird, für dessen Anbau dort der Regenwald und die Nahrungsgrundlage der dortigen Menschen zerstört wird, dass wir hier nicht mehr wissen, wohin mit der Gülle, dass in Afrika durch den EU-subventionierten Export der "minderwertigen" Hühnchenteile die dortige kleinbäuerliche Landwirtschaft zerstört wird, das ist ja alles völlig egal. Hauptsache, hier gibt es ein paar Arbeitsplätze und die Arbeiter können von ihrem Lohn billiges Hühnchenfleisch kaufen. Danke, Bundskanzler Merkel und danke, ehemaliger Ministerpräsident Wulff, für soviel staatsmännische Weitsicht! Pervers, das Ganze!
Braunbär
Gast
Ich kenne mehrere Leute die dort angefangen haben. Sie bestätigen die Zahlen, dass weit über 300 festangestellt sind. Es sind jedoch einige in ihrer Probezeit "abgesprungen". Rothkötter fehlten Leute, weshalb er sich bei der Zeitarbeit bediente. Jeder der sich bewährt hat ein Chance in den Betrieb.
Eine zweite Schicht steht in Aussicht, was nochmals rund 250 Arbeitsplätze bedeutet. Das Unternehmen ist noch in der "Findungsphase", was jedoch nach einem Monat betrieb wohl normal ist.
Ich höre von den Mitarbeitern übrigens nur positives.
Man kann aus ethisch-moralischer Sicht von einem Schlachtbetrieb halten was man möchte. Die Arbeiter jedoch sind froh, einen - für sie - gut bezahlten Arbeitsplatz gefunden zu haben.
Pater Brown
Gast
@ Braunbär:
Na klar, man mag von einem solchen Mega-Tötungsunternehmen halten, was man will! Hauptsache, es gibt Arbeitsplätze. Die CDU-FDP-Wirtschaftsmafia kennt halt ihren Brecht: erst kommt das Fressen und dann die Moral. Dass diese Überproduktion an billigem und qualitativ und geschmacklich minderwertigem Hühnchenfleisch keiner braucht, da der Markt übersättigt ist und die Preise kaum die Produktionskosten decken, dass für die Millionen Hühnchen Soja aus den Tropen importiert wird, für dessen Anbau dort der Regenwald und die Nahrungsgrundlage der dortigen Menschen zerstört wird, dass wir hier nicht mehr wissen, wohin mit der Gülle, dass in Afrika durch den EU-subventionierten Export der "minderwertigen" Hühnchenteile die dortige kleinbäuerliche Landwirtschaft zerstört wird, das ist ja alles völlig egal. Hauptsache, hier gibt es ein paar Arbeitsplätze und die Arbeiter können von ihrem Lohn billiges Hühnchenfleisch kaufen. Danke, Bundskanzler Merkel und danke, ehemaliger Ministerpräsident Wulff, für soviel staatsmännische Weitsicht! Pervers, das Ganze!
Braunbär
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Ich kenne mehrere Leute die dort angefangen haben. Sie bestätigen die Zahlen, dass weit über 300 festangestellt sind. Es sind jedoch einige in ihrer Probezeit "abgesprungen". Rothkötter fehlten Leute, weshalb er sich bei der Zeitarbeit bediente. Jeder der sich bewährt hat ein Chance in den Betrieb.
Eine zweite Schicht steht in Aussicht, was nochmals rund 250 Arbeitsplätze bedeutet. Das Unternehmen ist noch in der "Findungsphase", was jedoch nach einem Monat betrieb wohl normal ist.
Ich höre von den Mitarbeitern übrigens nur positives.
Man kann aus ethisch-moralischer Sicht von einem Schlachtbetrieb halten was man möchte. Die Arbeiter jedoch sind froh, einen - für sie - gut bezahlten Arbeitsplatz gefunden zu haben.