Zensur: Yahoo muckt auf

Der Internetkonzern wirft China die Sperrung seiner Plattform Flickr vor. Bisher gilt Yahoo als Musterschüler gegenüber dem Regime. VON GEORG BLUME

Wo sind unsere Bilder hin? Surfer in Zhengzhou Bild: dpa

PEKING taz Ausgerechnet die virtuellen Musterschüler der chinesischen Sicherheitsbehörden beschweren sich jetzt über deren Zensurpraxis. Gemeint ist die Hongkonger Yahoo-Filiale, die den chinesischen Behörden die Blockierung ihrer Bilder Plattform Flickr.com vorwirft. Die Menschen in China hätten keinen Zugang mehr zu den auf Flickr.com veröffentlichten Bildern, klagte eine Yahoo-Sprecherin in Hongkong. Grund dafür sollen Bilder vom Tiananmen-Massaker der Volksarmee vor 18 Jahren und jüngste Aufnahmen von Demonstrationen gegen eine Chemie-Fabrik in der Stadt Xiamen sein, die auf Flickr.com in den letzten Wochen einsehbar waren. Derzeit sind auf der Webseite in China nur Bildunterschriften ohne Bilder zu sehen.

Dass Yahoo die Sache öffentlich macht, überrascht. Bisher gilt die amerikanische Internet-Firma bei kritischen Internetnutzern in China als besonderns opportunistisch gegenüber den kommunistischen Zensurbehörden. Dafür sorgt bis heute der Fall des im April 2005 zu zehn Jahren Haft verurteilten Internetdissidenten Shi Tao, bei dessen polizeilicher Verfolgung die Yahoo-Filiale in Hongkong aktiv mitgewirkt hatte. Yahoo gab damals Shis Internet-Identität preis, ohne gesetzlich dazu verpflichtet zu sein, da sich die Gesetze in Hongkong und China unterscheiden. Zuvor hatte Shi angeblich geheime KP-Propagandamaterialen ins Internet gestellt.

Der Ärger vieler Kritiker von Yahoo nahm über die Jahre auch deshalb zu, weil die Firma ihr Vorgehen gegen Shi stur rechtfertigte. Als Yahoo Ende 2005 eine Milliarde Dollar für einen 40-Prozent-Anteil an der chinesichen Internet-Firma Alibaba investierte und die eigenen Operationen in China an Alibaba übergab, sagte Alibaba-Chef Jack Ma zum Fall Shi Tao: "Ich würde das Gleiche wieder tun" und meinte damit die Herausgabe der Shi-Kontakte an die Polizei.

Allerdings sitzen die Kritiker von Yahoo auch unter den eigenen Aktionären. Als am Dienstag in San Francisco die Jahresversammlung der Yahoo-Aktionäre tagte, gab es deshalb nicht zum ersten Mal scharfe Kritik an der China-Politik des Internetkonzerns. Ein Aktionär las laut den Klagebrief der Mutter Shis vor. Darauf antwortete Yahoo-Mitbegründer Jerry Yang gewohnt vage: "Uns erschreckt die Art und Weise, wie in China und anderswo Leute ins Gefängnis kommen. In der Sache bleiben wir langfristig engagiert", sagte Yang. Von welchem Engagement Yang sprach, blieb in San Francisco unklar, aber vielleicht meinte er damit ja auch die neue Yahoo-Kritik aus Hongkong an der Flickr.com-Blockade. Es war das erste Mal, dass seine Firma die chinesischen Behörden öffentlich kritisierte.

Dabei hat die Blockade nichts endgültiges. Wie man sie in China mit wenigen zusätzlichen Links umgeht, lernt man von He Caitou auf www.hecaitou.com. Der bekannte chinesische Blogger schloss sich mit Kollegen im Iran kurz, wo Flickr.com schon länger gesperrt ist, und ließ sich von ihnen über die virtuellen Umwege zum Ziel belehren.

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