Zentralafrikanische Republik: Schlachtfeld Bangui

Der UN-Sicherheitsrat gibt grünes Licht für eine Militärintervention. In der Hauptstadt Bangui kommt es zu schweren Kämpfen und Massakern.

Gewehrfeuer hallen Donnerstagfrüh durch Bangui, Zivilisten bringen sich in Sicherheit. Bild: reuters

BERLIN taz | Die Bilder aus dem Krankenhaus von Bangui sprechen eine deutliche Sprache. Auf schmalen Holzbänken und auf dem Fußboden kauern verwundete Kinder am Tropf, in einem kleinen Raum liegen lauter Leichen. 25 Tote hat Tristan Redman vom TV-Sender al-Dschasira allein in dieser Leichenhalle gezählt.

Weitere 80 Tote wurden bis zum Nachmittag auf den Straßen sowie in einer Moschee gezählt, offenbar Opfer gezielter Massaker. Die Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik hat am Donnerstag die schwersten Kämpfe seit der Machtergreifung der bis heute herrschenden Rebellenallianz Seleka im März erlebt – genau an dem Tag, an dem der UN-Sicherheitsrat in New York der geplanten Militärintervention Frankreichs in Bangui grünes Licht erteilte.

Mit der einstimmig verabschiedeten Resolution 2127 ermächtigte der UN-Sicherheitsrat am Donnerstag nachmittag (Ortszeit) eine internationale Militärintervention in der Zentralafrikanischen Republik. Afrikanische Truppen sollen mit Unterstützung Frankreichs in dem Land eingreifen, zunächst für ein Jahr. Zu ihrem Mandat gehört der Schutz der Zivilbevölkerung.

Milizen namens „Anti-Balaka“ (Gegen die Macheten), die dem im März von Seleka gestürzten Präsidenten François Bozizé nahestehen, hatten in der Nacht zum Donnerstag gemeinsam mit versprengten Einheiten von Bozizés ehemaliger Armee koordinierte Angriffe auf Bangui von mehreren Seiten gestartet.

Mehrere Generäle sollen gefallen sein

Seleka verlor kurzzeitig die Kontrolle über eines ihrer wichtigsten Militärlager, bevor sie nach stundenlangen Kämpfen mit schwerer Artillerie die Oberhand zurückgewann. Es kam zu verbreiteten Tötungen, und mehrere Seleka-Generäle sollen gefallen sein.

Es gab auch Plünderungen, die unter anderem die Villa des Präsidenten Michel Djotodia sowie des Premierministers Nicolas Tiangaye trafen. Djotodia, zugleich Chef der Seleka, trat am frühen Nachmittag öffentlich auf und verhängte eine totale nächtliche Ausgangssperre. Tiangaye, bereits vor der Seleka-Machtergreifung Premierminister und ein geachteter Menschenrechtsaktivist, rief aus Paris zum sofortigen französischen Eingreifen auf.

Frankreichs Einsatz hat schon begonnen

Frankreichs Militär bekommt nun durch die UN-Resolution 2127 das UN-Mandat für seine bereits seit einigen Wochen diskutierte Militärintervention, um mit 1.200 Soldaten statt wie bisher 400 Bangui und eventuell andere Städte zu sichern. Aber der Einsatz hat längst begonnen. Aus den 400 französischen Soldaten am Flughafen von Bangui sind in dieser Woche 650 geworden, weitere Einheiten warten im kamerunischen Hafen Duala auf den Marschbefehl.

Die französischen Militärs in Bangui schwärmten gestern nach Abflauen der Kämpfe zu Patrouillen aus, feuerten allerdings keinen einzigen Schuss ab. Es ist, als würde Frankreich das Abgleiten der Zentralafrikanischen Republik in unkontrollierbare Gewalt überwachen und warten, dass seine Stunde schlägt. Indem sich mitten in der Hauptstadt Milizen mit schweren Waffen beschießen, während die zivile Regierung hilflos in Paris weilt, kann der Ruf nach einer Ordnungsmacht glaubwürdig erschallen.

Muslimische Rebellen gegen christliche Milizen

Der Krieg ist mehr als ein politischer Machtkampf. Kern der Seleka sind muslimische Volksgruppen aus dem Nordosten der Zentralafrikanischen Republik. Die Anti-Balaka-Milizen wiederum sind christlich und nutzen die Infrastruktur der Kirchen, die zugleich unzähligen Vertriebenen Schutz bieten.

Erst am Mittwoch wurde ein Massaker an 12 Muslimen durch die christlichen Milizen in Boali 100 Kilometer nördlich von Bangui gemeldet. Beim Einmarsch in Randvierteln von Bangui in der Nacht zum Donnerstag sollen die Anti-Balaka-Milizen nach Angaben von Augenzeugen die Bevölkerung aufgefordert haben, „uns die Häuser der Muslime zu zeigen“.

In Reaktion auf die Massaker an Muslimen in Bangui kam es am Donnerstag nachmittag in der nördlichen Stadt Bossangoa zu Racheangriffen von Seleka-Einheiten und schweren Kämpfen. Tausende von Menschen suchten in der Basis der dort stationierten afrikanischen Beobachtungstruppe FOMAC Schutz, wie ein leitender Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch von vor Ort berichtete.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.