Zentrales Bewerbungsportal fürs Studium: Groß angekündigt, klein gestartet

Das bundesweite Einschreibeportal für zulassungsbeschränkte Studiengänge ist freigeschaltet worden. Derzeit können Bewerber unter 16 Angeboten auswählen.

Hinter dem Rücken gestartet: Das zentrale Einschreibeportal für Studiengänge ist endlich freigeschaltet worden. Bild: dapd

BERLIN taz | Noch tiefer kann man eine Neuigkeit gar nicht hängen: das bundesweite Einschreibeportal für zulassungsbeschränkte Studiengänge ist einen Tag vor Himmelfahrt gestartet. Aber kaum jemand hat es mitbekommen, zum Teil noch nicht einmal die Öffentlichkeitsabteilungen der teilnehmenden Hochschule.

Eine dürre Pressemitteilung auf der Seite des Betreibers, der Stiftung für Hochschulzulassung, weist darauf hin, dass das Bewerbungsportal hochschulstart.de geöffnet ist. Ein knappes Dutzend der 300 in Frage kommenden Hochschulen haben aktuell Angebote veröffentlicht. "Für viele Studiengänge erfolgt die Bewerbung, wie gewohnt, über die Hochschule", heißt es da.

Dabei sollen sich Studieninteressierte, die einen der über 4.500 grundständigen Studiengänge mit einem lokalen Numerus clausus studieren wollen, irgendwann zentral über hochschulstart.de bei ihren Wunsch-Universitäten bewerben können. So soll vermieden werden, dass Bewerber sich mehrfach bei verschiedenen Hochschulen einschreiben und rare Studienplätze besetzt halten.

Zurzeit wissen weder Hochschulen noch Studierende in spe, wer sich wo bewirbt, Nachrücker können nicht rechtzeitig zum Zuge kommen. Der Bund hat die Entwicklung der zentralen Einschreibe-Software mit 15 Millionen Euro finanziert. Das Geld ist weg, die Software gibt es, doch von einer bundesweiten Einschreibeplattform kann derzeit nicht die Rede sein.

Nach Auskunft von Ulf Bade, Geschäftsführer der Stiftung für Hochschulzulassung, haben 17 Hochschulen ihre Teilnahme am Testbetrieb zugesagt, es sei zu erwarten, dass sich noch zum Wintersemester weitere Hochschulen beteiligen werden. Auf der Internetseite waren am Montag 16 Angebote von 11 Hochschulen freigeschaltet. "Die Hochschulen verhalten sich ein bisschen abwartend", sagte ein Sprecher der Stiftung für Hochschulzulassung auf Anfrage. Die Antwort auf weitere schriftliche Fragen, etwa die nach der Resonanz der potentielle Nutzer, steht noch aus.

Eine Liste der schrumpfenden Städte

Die aktuelle Liste auf hochschulstart.de liest sich wie ein Who-is-who der schrumpfenden Städte: aus Nordhausen kommt das Angebot der Fachhochschule für einen Bachelor in Internationaler Betriebswirtschaft, in Schmalkalden kann man sich an der dortigen FH für den Bachelor in Wirtschaftsrecht bewerben und Ilemenau bietet eine Bachelor für Angewandte Medienkommunikation an der dortigen TU feil.

Immerhin haben sich auch einige mittelgroße Unis angemeldet: Mannheim etwa testet den Studiengang Psychologie. Auf Nachfrage einer Sprecherin im Referat für Studiengangsangelegenheiten hatten die Kollegen unter allen NC-Studiengängen gerade dieses Fach ausgewählt, weil weitere Hochschulen ebenfalls zugesagt haben, mit mit Psychologie den Testlauf im Pilotbetrieb zu wagen.

So werden wohl noch Heidelberg und Freiberg ihre Angebote freischalten. Auch Hamburg wird sich, nach Auskunft einer Sprecherin, mit dem Fach Psychologie beteiligen. "Um anhand dieses einzelnen Faches, das in der Zulassung uberschaubar ist, da es zB keine Nebenfächer hat, die technische Realisierbarkeit der Zulassung zu testen."

"Nur eine deutschlandweite Lösung ist letzendlich zielführend", sagte Gerd Schwinger, Sprecher des thüringischen Wissenschaftsministers Christoph Matschie (SPD) taz.de. Die sechs thüringischen Hochschulen, die sich am Pilotbetrieb beteiligen, wollten zunächst Erfahrungen sammeln. "Um im nächsten Jahr bei bundesweiten Start voll dabei zu sein", meint Schwinger optimistisch.

Technische Probleme nach wie vor ungelöst

Ob es dazu kommt, ist allerdings ungewiss. Eigentlich sollte die zentrale Internet-Einschreibung schon im vergangenen Wintersemester bundesweit starten, doch wegen technischer Probleme musste die Stiftung für Hochschulzulassung den Termin mehrmals auf unbestimmte Zeit verschieben. Bund, Länder und Hochschulrektorenkonferenz präsentierten auch schnell einen Schuldigen für das Debakel: die staatliche Hochschul-Informations-System GmbH (HIS), die einerseits Hochschulforschung treibt, aber auch 80 Prozent aller Hochschulen mit Verwaltungssoftware ausstattet.

Ältere Versionen der Verwaltungssoftware sind nicht mit der zentralen Einschreibesoftware kompatibel. Die HIS, so der Vorwurf, habe sich nicht rechtzeitig um dieses Schnittstellen-Problem gekümmert. Derzeit überlegen Bund und Länder, die HIS zu privatisieren und lassen die IT-Sparte der HIS evaluieren.

Die thüringischen Hochschulen, die derzeit bei hochschulstart.de dabei sind, arbeiten alle mit der Verwaltungssoftware des privaten Anbieters Datenlotsen. Auch Thüringen hatte den Vorschlag des Bundes, die HIS zu privatisieren im vergangenen Jahr unterstützt. "Die Frage stellt sich nach wie vor, inwiefern die mit öffentlichen Mitteln unterstützte HIS konkurrenzfähig ist", sagte Schwinger. Man wolle dem Ergebnis der Evaluation aber nicht vorgreifen.

Wenn es dann ein paar mehr Angebote auf hochschulstart.de gäbe, wäre das sicher zum Vorteil der HIS.

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