Zivilgesellschaft und UNO: Das Ohr an den Völkern

Über 100 Gruppen starten eine globale Kampagne zur Einführung einer Weltbürgerinitiative. Das soll ein Beitrag zur Demokratisierung der UNO sein.

Michelle Bachelet, Hohe Kommissarin für Menschenrechte der UNO, bei einer Pressekonferenz

Offen für neue Anliegen? Michelle Bachelet, Hohe Kommissarin für Menschenrechte der UNO Foto: dpa

GENF/NEW YORK taz | Über 100 zivilgesellschaftliche Gruppen, zusammengeschlossen in einer neuen globalen Kampagne „Wir, die Völker“, haben die Vereinten Nationen (UN) am Donnerstag aufgefordert, eine Weltbürgerinitiative einzuführen. Das Instrument soll es „der Weltbevölkerung ermöglichen“, unabhängig von den Regierungen und DiplomatInnen der 193 UN-Mitgliedstaaten „Vorschläge auf die Tagesordnung der UN-Generalversammlung zu setzen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die Mitgliedsgruppen der Kampagne bei einer Versammlung vor der New Yorker UN-Zentrale veröffentlichten.

Initiatoren der Kampagne sind die Nichtregierungsorganisationen Demokratie ohne Grenzen, Democracy International und das globale zivilgesellschaftliche Bündnis Civicus. Die Kampagne „Wir, die Völker“ – mit diesen drei Worten beginnt die Präambel der UNO-Charta von 1945 – zielt darauf ab, „die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger näher an die UNO heranzuführen“. Die „Legitimität, Relevanz und Fähigkeit der UNO, sich den aktuellen Herausforderungen zu stellen“, könne „verbessert werden, indem sie offener und zugänglicher für die Bevölkerung wird“, heißt es in der Erklärung.

Eine von den Initiatoren vorgestellte rechtliche Studie kommt zu dem Schluss, dass die Einführung einer WeltbürgerInneninitiative nach den Regeln der Vereinten Nationen „machbar“ ist und von der UN-Generalversammlung beschlossen werden könnte.

Die Studie schlägt vor, dass Initiativen, die von mehr als fünf Millionen Bürgerinnen und Bürgern aus einer bestimmten Anzahl von Staaten in allen Weltregionen unterstützt werden, „automatisch auf die Tagesordnung der Generalversammlung oder des Sicherheitsrates gesetzt werden sollten“. Diese müssten dann „eine Resolution als Reaktion auf den Vorschlag entwerfen und dann über diese Resolution abstimmen“.

Beispiel und Vorbild

„Ähnliche partizipative Instrumente gibt es bereits in vielen Städten, Regionen und Ländern auf der ganzen Welt“, unterstrich Caroline Vernaillen, die bei Democracy International für globale Gemeinschaftsbildung verantwortlich ist. Ein „wichtiges Beispiel und Vorbild“ sei die in der EU-Verfassung vorgesehene „Europäische Bürgerinitiative“. Dieses Instrument ermöglicht es UnionsbürgerInnen, die für ihr Anliegen mindestens eine Million Unterschriften aus mindestens sieben Mitgliedstaaten der EU gesammelt haben, der Europäischen Kommission Rechtsvorschriften vorzuschlagen.

Andreas Bummel, Geschäftsführer von Demokratie ohne Grenzen, sagte: „Das 75-jährige Bestehen der UNO im Jahr 2020 ist für die internationale Gemeinschaft eine passende Gelegenheit, eine Weltbürgerinitiative zu etablieren, um so das demokratische Defizit der Global Governance zu mindern.“

Der globale Programmleiter von Civicus, Mandeep Tiwana, betonte: „Es ist an der Zeit, den Bürgerinnen und Bürgern bei der UNO eine direkte Stimme zu geben, um das Versprechen der UN-Charta zu erfüllen, die mit den Worten ‚Wir, die Völker der Vereinten Nationen‘ beginnt.“

Die Kampagne sammelt weitere Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Gruppen und Einzelpersonen und will ihren Vorschlag Anfang nächsten Jahres offiziell den Vereinten Nationen vorstellen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.