EU-Zolldeal mit den USA: Frankreich spart sich den Applaus
Insbesondere der Investitionszwang in den USA sorgt in Frankreich für Kritik am Deal der EU. Premier Bayrou spricht von einer „Unterwerfung“ unter Trump.

Es kommt wenig Applaus für Ursula von der Leyen aus Frankreich. Der von ihr mit US-Präsident Donald Trump ausgehandelte Deal im Zollstreit wird hart kritisiert und bestenfalls, wie zum Beispiel von der Wirtschaftszeitung Les Échos, als „Schadensbegrenzung“ angesichts der Gefahr eines offenen Handelskriegs geschluckt. Premierminister François Bayrou aber spricht von einer „finsteren Stunde“, da sich die EU mit einer „Unterwerfung“ unter die Interessen der USA abfinde.
Sein Handelsminister Benjamin Haddad war in einer ersten Reaktion auf X sehr viel zurückhaltender: Der Deal sei zwar „unausgewogen“, verschaffe aber der von einer amerikanischen Eskalation im Handelsstreit bedrohten Weltwirtschaft wenigstens eine „vorübergehende Stabilität“. Zudem seien Schlüsselsektoren wie Flugzeugbau, Pharmazeutik und Spirituosen sowie gewisse Exporteure der französischen Landwirtschaft vor allzu weitgehenden Konzessionen bewahrt worden.
Auch würden laut Haddad die europäischen Normen für Pharmazieprodukte und Regeln für Digitalkonzerne nicht angetastet – was noch zu überprüfen bleibt. Die für Frankreich sehr wichtige Luxusindustrie – Mode, Kosmetik, Lederwaren –, die offenbar weit Schlimmeres befürchtet hatte, reagiert eher erleichtert auf die Aussicht einer Zollerhöhung auf 15 Prozent für die in die USA exportierten Produkte.
Problematischer als die Zölle ist für Frankreich vor allem die Forderung an die EU, 600 Milliarden Euro in den USA zu investieren und für 750 Milliarden Euro hauptsächlich fossile Energie zu kaufen. Präsident Macron hatte im Gegenteil immer verlangt, mit Investitionen die Unabhängigkeit der europäischen Industriezweige, namentlich der Rüstung, massiv zu stärken.
Wo soll nun das Kapital herkommen, wenn die Produktion in die USA verlegt wird, und wie sollen die erneuerbaren Energien entsprechend den Klimazielen den Vorrang erhalten, wenn Schiefergasöl aus den USA importiert werden muss? „Das sind unsere Arbeitsplätze, unsere Produktion und unsere Umwelt, die von der Kommission da geopfert werden“, mahnt die Parti Socialiste. Seltene Einigkeit daher bei der linken und rechten Opposition: Die linke La France insoumise spricht von „Kapitulation“, die Rechtspopulistin Marine Le Pen von einem „politischen, ökonomischen und moralischen Fiasko“.
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