Zu viel gespart, zu wenig Kontrollen: Datenschutz light

In Norddeutschland gibt es kaum anlassunabhängige Datenschutzkontrollen. In Hamburg sei die Situation „untragbar“, so der Kieler Datenschutzbeauftragte.

Die technischen Möglichkeiten wachsen - und damit die Aufgaben der Datenschützer. Bild: dpa

HAMBURG taz | Sind Norddeutschlands Datenschutzbehörden nicht mehr arbeitsfähig? Eine mangelhafte technische und personelle Ausstattung, verbunden mit ständig wachsenden Aufgaben, klagte Hamburgs oberster Datenschützer Johannes Caspar in der vergangenen Woche, mache „eine angemessene Bewältigung der vielfältigen Ausgabenbereiche“ seiner Dienststelle in Zukunft „nicht möglich“. Die Handlungsfähigkeit des behördlichen Datenschutzes sei in Gefahr, „Einschnitte in der Aufgabenwahrnehmung“ seines Amtes seien ohne Personal- und Mittelaufstockung „erforderlich“, prophezeit Caspar – Land unter beim Hamburger Datenschutz.

In den Nachbarländern sieht das offenbar etwas besser aus. „Wir sind nicht so schlecht ausgestattet, dass wir nicht mehr arbeiten können“, erklärt Niedersachsens stellvertretender Datenschutzbeauftragter Rainer Hämmer. Das Personalkorsett sei lediglich so eng, dass anlassunabhängige Kontrollen von Unternehmen nur noch sehr selten stattfinden würden.

„Die Pflicht bekommen wir hin, nur bei der Kür hapert es“, bringt Hämmer die Situation in Niedersachsen auf einen knappen Nenner. Da das Finanzministerium für die kommenden Haushaltsberatungen den Finanzbedarf der Datenschützer weitgehend akzeptiert hat, droht auch für die nähere Zukunft kein Aderlass.

Weniger zufrieden ist Hämmers schleswig-holsteinischer Kollege Thilo Weichert. „Die Aufgaben wachsen ständig, unsere personelle Ausstattung aber ist seit zehn Jahren nahezu gleich geblieben“, klagt der Kieler Datenschutzbeauftragte. Anlassunabhängige Kontrollen fänden deshalb zwischen Flensburg und Lauenburg längst nicht mehr statt.

„Wir schaffen es so gerade noch, den wachsenden Berg von Bürger-Beschwerden abzuarbeiten“, betont Weichert und ergänzt: Mit Hamburg aber sei die Lage „nicht zu vergleichen“. Es sei in Datenschutzkreisen bekannt, „dass die Situation dort katastrophal und untragbar ist“. Die personelle Ausstattung der Hansestadt liege gerade mal bei der Hälfte der schleswig-holsteinischen.

Datenschutz bedeutet Schutz vor missbräuchlicher Datenverarbeitung, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Schutz des Persönlichkeitsrechts bei der Datenverarbeitung sowie Schutz der Privatsphäre.

Ein Grundrecht ist, laut dem Bundesverfassungsgericht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung - mithin der Datenschutz.

Das weltweit erste Datenschutzgesetz verabschiedete 1970 das Bundesland Hessen, 1977 folgte das Bundesdatenschutzgesetz. Sie regeln auch die Bedingungen für die Einsetzung von Datenschutzbeauftragten.

Auch Rainer Hämmer attestiert seinem Hamburger Kollegen eine „schwierige Sondersituation“. Mit Unternehmen wie Google, Facebook und demnächst auch Twitter hätten hier Unternehmen ihre deutschen Firmensitze, die als „social media“ besonders oft mit datenschutzrelevanten Fragen in Berührung kämen – und umso mehr im Fokus der Öffentlichkeit stünden.

Mit der damit einhergehenden Flut an Beanstandungen wachse auch der Arbeitsdruck des Hamburger Datenschutzbeauftragten, so Hämmer. Auch Caspar hatte zuvor die mit Google & Co auf seine Dienststelle zukommenden zusätzlichen Aufgaben für die drohende Überlastung verantwortlich gemacht. So seien derzeit mehr als 80 Anträge gegen die Zurückweisung von Löschungsersuchen bei Google unbearbeitet.

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