Zukunft der Gruppe Zomia unklar: Begehrte Bauwagen

Der Bezirk Altona bietet der Gruppe Zomia einen Platz an. Die möchte aber lieber in Wilhelmsburg bleiben. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) schweigt weiterhin.

Menschenmassen auf der Straße: Die Räumung des Bauwagenplatzes Bambule am 4. November 2002 sorgte für monatelange Proteste. Bild: dpa

In den Streit um den Wilhelmsburger Bauwagenplatz Zomia ist Bewegung gekommen - so oder so. Während der Chef des Bezirksamtes Mitte, Markus Schreiber (SPD), weiter tönt, den Wagenpark am Ernst-August-Kanal räumen zu wollen, bietet der Bezirk Altona den Zomianern eine Bleibe an. "Wir finden es generell eine schöne Sache, wenn uns Altona einen Platz anbietet, wir wissen davon aber noch nichts", sagt eine Zomia-Sprecherin der taz. "Wir haben hier einen perfekten Platz und sind hier zu Hause."

Bezirksfürst Schreiber denkt offenbar weiter über Räumungsszenarien nach, da seiner Ansicht nach das Wohnen auf dem brachliegenden Industriegelände rechtlich nicht zulässig sei. In Vorbereitung versuchen anscheinend staatliche Spitzel im Infoladen Fährstraße von Besuchern herauszubekommen, was bei einer Räumung geplant sei, berichten Augenzeugen der taz.

Im Altonaer Rathaus ticken die Uhren anders. "Der Wagenplatz Zomia ist in Altona willkommen", sagt SPD-Fraktionschef Thomas Adrian. "Das Bezirksamt prüft zurzeit mit Hochdruck mögliche Flächen für eine Ansiedlung von Zomia", sagt GAL-Fraktionschefin Gesche Boehlich. Mit dem Vorstoß hofft Rot-Grün in Altona, den "überflüssigen und absurden Streit" um Zomia in der Stadt zu beenden. "Kein Mensch hat etwas dagegen, wenn jemand auf seinem Schiff lebt", sagt Boehlich.

Konkret würden derzeit vom Bezirksamt Flächen in Bahrenfeld geprüft. Es sei zwar schwierig, einen Ort zu finden, trotzdem ist der baupolitische SPD-Sprecher, Mark Classen, zuversichtlich. "Ich glaube, dass es möglich sein wird, einen adäquaten Standort zumindest für die nächsten vier Jahre anzubieten." Die Akteure sind sich mit ihrem Vorstoß durchaus bewusst, dass sie für Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) faktisch den Erfüllungsgehilfen spielen und ihm ein deftiges Problem vom Hals schaffen.

Denn bislang hatte der Senatsvorsteher und SPD-Parteichef den Konflikt ausgesessen und zugesehen, wie der "Bezirkssheriff" Schreiber dem Senat auf der Nase herumtanzt. Denn rechtlich wie baupolitisch spricht laut Stadtentwicklungsbehörde nichts dagegen, dass Zomia am Ernst-August-Kanal bleibt. "Wir wohnen hier seit einem Jahr, haben Wurzeln geschlagen, es gibt keinen Grund, uns zu verpflanzen", sagt eine Zomia-Sprecherin.

Für Zomia verändert die neuerliche Debatte an ihrem Status allerdings nichts. Es seien in den letzten Monaten so viele "Nebelkerzen geworfen" worden, dass nur Fakten zählten. Und Fakt sei, dass die Räumungsverfügung seit Freitag in Kraft sei und jederzeit trotz Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht geräumt werden könnte. Aber nicht nur deshalb findet am Samstag nach dem FC-St.-Pauli-Heimspiel eine Demo statt (15 Uhr, Millerntorplatz), sondern es soll auch dem 9. Jahrestag der Räumung des Bauwagenplatzes Bambule im Karoviertel gedacht werden. Tenor: "Wir ziehen das jetzt durch".

Am 4. November 2002 hatte Bezirkschef Schreiber den Platz durch ein massives Polizeiaufgebot räumen und die Bewohner nebst Bauwagen vor die Stadttore jagen lassen. "Es geht jetzt darum, Druck aufzubauen und den politischen Preis für eine Räumung Zomias unbezahlbar zu machen", sagt Florentin, Sprecher der Roten Flora. "Dass dieser Preis hoch sein kann, haben die monatelangen Kämpfe nach der Bambule-Räumung gezeigt."

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