Zukunft von Nationalspieler Özil: "Ich habe einen Vertrag"

Gut gelaunt zeigt Nationalspieler Mesut Özil im Trainingslager, was er kann. Doch wenn die Champions-League-Qualifikation ansteht, wird er wohl nicht mehr für Bremen spielen.

Mesut Özil, hier im Dress der Nationalmannschaft, dürfte Werder Bremen bald den Rücken kehren. Bild: AP

BERLIN taz | Rechten Arm und linkes Bein strecken - Balance halten. Oberkörper beugen, Arme abstützen - Spannung aufbauen. Mesut Özil, Per Mertesacker und Tim Wiese mühen sich nach Kräften um die richtige Ausführung. Die Übungen am Rande des Thermenstadions von Bad Waltersdorf gibt Yann-Benjamin Kugel vor, und die drei Nachzügler, die sich um den Fitnesstrainer von Werder Bremen scharen, kennen ihren Vorturner gut. Schließlich war der fidele Mann während der WM auch im Betreuerstab der Nationalmannschaft integriert. Nun hat Kugel eine nicht minder verantwortungsvolle Aufgabe: Binnen kürzester Zeit gilt es, in Extraschichten die letzten versprengten Südafrika-Reisenden fit zu machen.

Weil daheim das Weserstadion umgebaut wird, tourt der grün-weiße Tross von Trainingslager zu Trainingslager: nach Norderney und Donaueschingen nun also die Steiermark. "Ich freue ich mich auf den Ball und darauf, wieder kicken zu können. Darauf habe ich drei Wochen verzichtet", sagt Özil - und wie zum Beleg jongliert er nach dem Krafttraining erst in Socken den neuen Einheitsball, dann zieht er sich Fußballschuhe an, um einen Freistoßwettbewerb mit Kollegen auszutragen.

Und wer bringt wohl den letzten Volltreffer an? Mesut Özil. Jubelnd greift er sich Marko Marin und läuft lachend zur Mittellinie. Ein Trainingstag genügt im Grunde wieder für die Bestätigung, dass der 21-Jährige ein Ausnahmekönner ist. Für ein Foto in voller Mannschaftsstärke hatte sich der Deutschtürke am Montag das neue Designer-Jersey mit der Zickzackoptik übergestreift, was unweigerlich die Frage aufwarf, ob er es diese Saison auch wirklich trage? "Ich habe einen Vertrag und bin hier. Das ist es, was zählt", antwortete Özil leicht genervt.

Solche Satzfetzen wirken längst wie auswendig gelernt. Irgendwie scheint der WM-Held nur noch auf Durchreise - wie die Wellnesstouristen in der sanft-hügeligen steirischen Thermenlandschaft, die ihre Füße in Thermalwasser tunken. Was tut dem fragilen Jungstar für die Zukunft gut? Nicht nur Klaus Allofs, 53, und Thomas Schaaf, 49, seit mehr als einem Jahrzehnt die Baumeister des erfolgsverwöhnten Bremer Gebildes, sind überzeugt davon, dass der Filigrantechniker noch ein oder zwei Jahre die Vorzüge der grün-weißen Wohlfühloase genießen sollte. Aber kommen solche Botschaften überhaupt noch an bei einem, der den Ratschlägen seines gewieften Agenten Reza Fazeli mehr Gehör schenkt?

Alle Versuche zur vorzeitigen Vertragsverlängerung des 2011 auslaufenden Kontraktes sind gescheitert, so dass Werder abwägen muss, seinen Ausnahmekönner besser jetzt gegen eine Ablöse von rund 15 Millionen Euro zu veräußern. Während beispielsweise ein Verkauf von Per Mertesacker kategorisch ausgeschlossen wird (Allofs: "Er bleibt zu 100 Prozent"), stellt sich bei Özil die Lage anders dar. Sobald ein konkretes Angebot vorliegt, werde verhandelt, erläutert der Klubboss - notfalls sogar noch im Trainingslager. Ungeachtet der Tatsache, dass bereits in zwei Wochen die Champions-League-Qualifikation ansteht. Gegner wie AJ Auxerre oder Sampdoria Genua könnten kommen, und sollte Özil dabei mitwirken, wäre er in der Königsklasse für andere Klubs nicht spielberechtigt.

Allofs wirkt ungeachtet der vertrackten Causa so gelassen wie die betagten Golfspieler im Bremer Quartier. Der Klubboss hat offenbar vorgesorgt - mit Marko Arnautovic, österreichisches Sturmtalent mit serbischen Wurzeln, ist schon ein Spieler mit außergewöhnlichen Fähigkeiten gekauft. Der 21-jährige Kraftprotz, rund 6,5 Millionen Euro teuer, wird so oder so für Schlagzeilen sorgen - so viel ist eingedenk seines sportlichen Potenzials und schwierigen Charakters gewiss. Auch der Transfer des brasilianischen Mittelfeldallrounders Wesley, 23, vom FC Santos steht wohl bald für eine ähnliche Summe bevor - sofern sich die letzten Wechselhemmnisse beseitigen lassen.

Die meisten Sorgen bereiten indes die zurückgekehrten drei Nationalspieler, die am Dienstagabend beim Testspiel gegen Rad Belgrad natürlich noch nicht aufliefen. Allofs: "Vielleicht können sie am Freitag gegen Fulham ein paar Minuten mitmachen. Aber mit einem ordentlichen Trainingsaufbau hat das nicht viel zu tun. Das ist pure Improvisation." Diese Umschreibung könnte noch weitergehende Bedeutung erlangen - wenn Mesut Özil wechselt.

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