Zum Tod des LSD-Erfinders Hofmann: Mein erster LSD-Trip

Albert Hofmann, der Entdecker des Wirkstoffs Lysergsäurediäthylamid, kurz LSD, ist im Alter von 102 Jahren gestorben. Ein Anlass, sich an den eigenen ersten Trip zu erinnern.

Die Farben...das muss das Paradies sein! Bild: photocase

Ich habe meinen ersten LSD-Trip 1990 als 16-jährige Austauschschülerin aus Berlin in El Paso/Texas an der Grenze zu Juarez/Mexiko genommen. In dieser Stadt, die amerikanischer war als es für Europäer angenehm sein kann, mitten in der Wüste.

Ich fühlte mich dort viele Wochen deplatziert und einsam zwischen den in meinen Augen vollkommen hohlen oberflächlichen Amis, vor allem war mir langweilig. Bis ich beim Rauchen auf dem Schulklo Brandy kennenlernte, die auch anders war als die anderen Schüler der Highschool - nämlich wirklich cool. Ihre Eltern waren strenge Zeugen Jehovas und weil Brandy sich schon den einen oder andern Fehltritt erlaubt hatte, musste sie meistens zu Hause bleiben, aber auf LSD ist das alles Andere als langweilig.

Nachdem wir die kleinen Papiere runtergeschluckt hatten, warteten wir auf das, was kommen sollte. Wir dachten, es würde nichts passieren, bis uns auffiel, dass wir seit geraumer Zeit vor dem Spiegel standen und uns die Haare bürsteten, als hinge unser Leben davon ab. Das war Auslöser, sich ungefähr eine Stunde vor Lachen auf dem Boden zu kugeln, Brandy nannte das den "Peak".

Dann trugen wir die Kakteensammlung ihrer Mutter in unser Zimmer und bewunderten die Pflanzen ausgiebig. Ihre Mutter freute das und wir führten ein langes ausgiebiges Gespräch mit ihr über Kakteen. Wie wir darauf kamen uns zu verkleiden, weiß ich nicht mehr, aber es gibt ungefähr fünfzig Fotos von uns in absurden Outfits und mit eindeutig vollkommen entrückten Gesichtern - bis heute ist mir schleierhaft, wie das ihren Eltern nicht auffallen konnte.

Der Wunsch nach Chips, Süßigkeiten und Bier wurde mit der Zeit so dringend, dass wir zur nahegelegenen Tankstelle pilgerten, wo wir natürlich als 16-Jährige kein Bier, aber alles andere erhielten und uns im Paradies wähnten, weil wir noch nie so köstliche Dinge kosten und eine solche Farbenvielfalt sehen durften. Auf dem Rückweg geriet Brandy kurz in Panik, weil sie ihren linken Fuß nicht mehr sehen konnte - und also annehmen musste, dass er weg sei. Sie ging ein paar Meter zurück und suchte alles ab. Als sie ihn nicht fand, wollte sie nicht weitergehen, sondern bei einem Haus klingeln, um sich dort auszuruhen. Irgendwie habe ich das verhindert - ich glaube dadurch, dass ich sie in ein Gespräch darüber verwickelte, wie irre es ist, dass man den Bewegungsverlauf der eigenen, rudernden Arme noch Sekunden nach der Bewegung sehen kann. "Trasers" nannte Brandy das und ging mit mir nach Hause.

Als ich wieder zurück in Berlin war, kam ziemlich schnell die Zeit, in der man diverse Drogen mit irre coolen Leuten nehmen und dann irre witzige Sachen machen oder tagelang in Bunkern auf Technoparties ausharren musste. Da kursierten dann Geschichten von Horror-Flashbacks und hängengebliebenen Leuten, die seit Jahren nicht aus dem Inneren einer Orange herauskämen oder sich sonstwie auf LSD für immer von der Realität verabschiedet hätten. So hatten die folgenden Trips immer den metallenen Beigeschmack der Angst, es könnte der finale, der endgültige sein. Damit einher ging auch die Angst vor dem Kontrollverlust, ohne den ein LSD-Trip aber eigentlich sinnlos ist. Insofern war mein erster LSD-Trip in aller Unschuld der einzig Wahre.

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