Zum Tode verurteilte Christin in Pakistan: Asia Bibi auf freiem Fuß
Die Christin war am Mittwoch vom Vorwurf der Gotteslästerung freigesprochen worden. Laut Außenministerium befindet sie sich noch in Pakistan.
ISLAMABAD dpa | In Pakistan ist die Christin Asia Bibi eine Woche nach dem Freispruch vom Vorwurf der Gotteslästerung auf freien Fuß gesetzt worden. Wie lokale Medien berichteten, verließ sie am Mittwochabend das Gefängnis in der Stadt Multan in der Provinz Punjab.
Am Donnerstagmorgen erklärte ein Sprecher des pakistanischen Außenministeriums, Mohammad Faisal, dass sich Bibi weiterhin in Pakistan befinde. Lokale Medien berichteten erst, Bibi sei von dem Gefängnis in der Stadt Multan in der Provinz Punjab an einen „unbekannten Ort“ gebracht worden. Das hatte Spekulationen ausgelöst, sie habe das Land verlassen.
In der Zeitung „Dawn“ hieß es am Donnerstagmorgen, Bibi sei in die Hauptstadt Islamabad geflogen worden. Von dort aus sei sie unter strengen Sicherheitsvorkehrungen zu einem unbekannten Ort gebracht worden.
Regierung will in Revision gehen
Die heute 51 Jahre alte fünffache Mutter war 2010 wegen angeblicher Gotteslästerung im vorwiegend muslimischen Pakistan zum Tode verurteilt worden. Ende Oktober hob der Oberste Gerichtshof des Landes das Urteil auf. Das löste Proteste radikalislamischer Gruppen aus.
Diese hörten erst auf, nachdem die Regierung und die Partei Tehreek-e Labbaik Pakistan des radikalislamischen Klerikers Khadim Rizvi ein Abkommen geschlossen hatten. Demnach will die Regierung einen Revisionsantrag gegen die Entscheidung des Obersten Gerichts zulassen und Bibi am Verlassen des Landes hindern. Aus Angst vor Übergriffen hält sich die Familie Bibis an einem unbekannten Ort versteckt.
Leser*innenkommentare
Reinhold Schramm
Aufklärung vs. geistigen Feudalismus und Aberglauben!
Unter den Bedingungen des 21. Jahrhunderts und dem Einsatz moderner Medien, ein feudal-religiöser Vorwurf der Gotteslästerung und dabei auch noch hierfür die Mobilisierung von Millionen Menschen auf den Straßen, die ihre Ermordung fordern. Ein massenpsychologischer Zustand, wie wir ihn aus dem feudal-christlichen Mittelalter, entsprechend unserer geschichtlichen Überlieferung, kennen.
Die Differenz, zwischen dem bürgerlichen Europa und der heutigen Gesellschaft (nicht nur) in Pakistan, so auch in Indien, ist das vollständige Fehlen einer weltlichen und antireligiösen Aufklärung, so wie wir sie vor und nach der Französischen Revolution, seit dem Ende des 18. Jahrhundert, kennen.
Zweifellos konnte auch in Deutschland die frühbürgerliche Revolution und Aufklärung, nicht den Nationalismus, Antisemitismus und Kapitalfaschismus verhindern. Trotzdem konnten sich Spuren der Aufklärung im Massenbewusstsein herausbilden. So vor allem auch gegen den christlich-religiösen Wahn. Offensichtlich steht das Massenbewusstsein der Mehrheit der pakistanischen Gesellschaft, aller sozialen Schichten und Klassen, immer noch in einer mittelalterlichen Periode des Aberglaubens, so wie wir sie auch der historischen Überlieferung, z.B. Hexenwahn, Kreuzzüge, Ablasshandel, lebendige Verbrennung von Aufklärern/Ketzern, kennen.
Es gibt eine Differenz in der sozioökonomischen und gesellschaftspolitischen Entwicklung im Massenbewusstsein von Jahrhunderten. Die feudale Bewusstseinslage wurde bei einem großen Teil der Menschheit noch nicht überschritten.