Zwei Jahre nach Germanwings-Absturz: Schwere Vorwürfe gegen Ermittler

Der Vater des Absturz-Piloten Lubitz bezweifelt die Schuld seines Sohnes. Ein Gutachter sieht dramatische Mängel bei den Ermittlungen.

Flugzeugteil auf verstaubtem Boden

Am 24. März 2015 stürzte das Flugzeug vom Typ Airbus A320-211 ab Foto: dpa

BERLIN taz | Die Kameras surren, 150 Journalisten sind ins Hotel Maritim in Berlin gekommen. Günther Lubitz verschwindet hinter den Objektiven. Er ist der Vater des Copiloten Andreas Lubitz, der 2015 laut Ermittlungsbehörden absichtlich den Absturz einer Germanwings-Maschine herbeigeführt hat, 150 Menschen starben. Lubitz hat zur Pressekonferenz in Berlin geladen, er zweifelt an der Schuld seines Sohnes.

Lubitz stellt ein Gutachten vor, das er bei dem Luftfahrt-Journalisten Tim van Beveren vor gut einem Jahr in Auftrag gegeben hat. Es soll seine Zweifel an der Schuld seines Sohnes bestätigen.

Die Ermittlungen ergaben damals, dass Lubitz den Piloten aus dem Cockpit ausgeperrt und den Sinkflug eingeleitet hatte. Van Beveren wies aber darauf hin, dass Lubitz die Tür nicht aktiv verschließen musste. Sie sei versperrt, sobald sie ins Schloss fällt. Ob das Zahlenfeld, durch das der Pilot von außen die Tür hätte öffnen können, einen technischen Defekt hatte, sei nicht untersucht worden, so van Beveren.

Laut dem Voicerecorder hörte man Lubitz im Cockpit regelmäßig atmen. Daraus sei aber nicht abzuleiten, dass Lubitz bei Bewusstsein war, meinte der Gutachter. Van Beveren kritisiert die deutschen Ermittlungsbehörden, die zur Abhörung des Sprachrekorders keine „Human Faktor“-Spezialisten, die psychologisch geschult sind, hinzugezogen hatten. Lediglich Ingenieure hätten die Aufzeichnung gehört.

Lubitz hätte das Bewusstsein verloren

Weiterhin bemängelt van Beveren die „nicht konsistenten Daten“ des Flugschreibers. Es sei zwar der Sinkflug eingeleitet worden, aber dazu müsse der Modus des Autopiloten von „Descend“ auf „open Descend“ gestellt werden. Aus den Daten des Flugschreibers gehe aber hervor, dass beide Modi gleichzeitig aktiv gewesen seien. Das sei technisch nicht möglich, so van Beveren.

Van Beveren verfolgte aber nicht eindeutig die These, Lubitz hätte das Bewusstsein verloren. Denn er versuchte auch eine bewusste Änderung der Flughöhe durch Lubitz zu begründen. Für den Sinkflug habe Grund bestanden, da aus der Wetterkarte von diesem Tag hervorgehe, dass es vor dem Bergmassiv Luftlöcher gegeben habe, so van Beveren.

Lubitz' Pressekonferenz begann am Freitag fast auf die Minute genau zwei Jahre nach dem Absturz des Airbus in den französischen Alpen. Angehörige hatten dies als „unverantwortlich“ bezeichnet. Günther Lubitz, der unruhig und eingeschüchtert wirkte, begründete den Termin mit dem Wunsch „Gehör“ zu finden. Er habe eine spezielle Trauer, da er und seine Familie nicht nur damit leben müssten, ihren Sohn und Bruder verloren zu haben, sondern auch dass dieser von den Medien als „dauerdepressiver Massenmörder“ hingestellt werde.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.