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Zwei Städter und die HühnerhaltungZehn kleine Legehennen

Gasthausbetreiber ist unser Autor schon, jetzt will er auch Hühner halten. Doch das ist nicht so einfach, wie gedacht.

Hühner sind hochsoziale Tiere, die nicht gerne alleine leben Foto: Ulrich Roth/imago

A m Anfang war das das Huhn und nicht das Ei. Denn Eier legte es längst nicht mehr. Wie es so verschreckt und allein im Stall hockte und kaum hinauskam, war klar, dieses Tier brauchte Mitwesen und – weil es nun zur Keimzelle einer neuen Gemeinschaft werden würde – auch einen Namen: Wir fanden Han Solo ganz passend, und ich setzte mich ins Auto, fuhr 40 Minuten auf den Bauernmarkt nach Hassfurt und kaufte sieben Junghennen. Und so ging das ernsthaft los mit uns als Hühnerhaltern.

Aber Halt. Ich sollte wohl erst einmal erzählen, wie es dazu kam, dass nur noch eine einsame alte Henne in einem ziemlich neuen Hühnerstall auf Rädern saß, mitten in saftigem Gras und in weiter Ferne umgeben von einem Weidezaun. Es ist die Geschichte von zwei Städtern, die aufs Land ziehen und ein Gasthaus mit ein paar Bestandstieren übernehmen, darunter eine Schar Hühner, die ab und an ein paar Eier legen. Und nachdem diese Städter sich drei Jahre nicht ganz erfolglos den Kopf vor allem über die Frage zerbrochen hatten, wie man das Wohl der Gäste steigern kann, wandten sie sich dem Federvieh zu.

Sie hatten bereits einiges gelesen über so interessante Themen wie den extensiven Selbstversorgergarten, die mobile Stallhaltung oder den Wert von Hühnermist in der Permakultur. Also holten sie das Federvieh aus dem alten Gehege mit seiner nackten festgetretenen Erde und gingen daran, die Theorie in die Praxis umzusetzen.

Unsere Hühner bekamen also einen neuen Stall (auf Rädern) mit automatischer Tür, wir stellten ihn auf die Wiese und spannten ein niedriges Netz als Zaun darum. Es war ein richtiges kleines Hühneridyll. Die Nachbarn rieten zwar, den Zaun auf zwei statt einen Meter zu setzen und statt Netz viel engeren Maschendraht zu verwenden. Damit die Hühner sich nicht entfernen. Aber das ignorierten wir. Denn warum sollten Hühner dieses Prachtgehege verlassen wollen?

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Nun: Hühner können sich auch unwillentlich entfernen, wenn Marder, Fuchs und Habicht sie holen. Bei dem Haufen aus Federn, den ich nach dem ersten Schlag außerhalb des Zauns entdeckte, dachte ich mir noch nicht viel. Nach dem zweiten Schlag befestigte ich den Zaun mit allen verfügbaren Zeltheringen in der Erde, damit nichts drunter durchschlüpfen konnte. Beim dritten Schlag entschied ich mich, die Jäger mit einer Wildkamera zu stellen. Doch der vierte Schlag folgte auf dem Fuße, in dieser Nacht sogar zu Lande und zu Luft.

Von zehn Bestandshennen blieb nur noch die verängstigte Han Solo – und der Entschluss, es mit der Hühnerhaltung nun ganz ernst und unstädterisch zu nehmen. Ob das geklappt hat, dazu mehr in der nächsten Folge dieser Kolumne, die in rund einem Monat erscheint.

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Jörn Kabisch
Autor
Wirt & Autor für taz und FuturZwei
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