Zwei neue Atomreaktoren in USA: "Wesentlich robuster"

Der US-Energiekonzern Southern darf in Georgia zwei neue Atommeiler bauen. Der Vorsitzende der Atomaufsichtsbehörde war dagegen, Umweltschützer wollen klagen.

Bekommen 2017 Gesellschaft: Kühltürme der Atomanlage Vogtle in Waynesboro, Georgia. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Chef war dagegen, gebaut werden darf trotzdem: Am Donnerstag gab die US-Atomaufsichtsbehörde NRC grünes Licht für den Bau von zwei Atomreaktoren im Bundesstaat Georgia. Im entscheidenden Gremium der Behörde stimmten vier Mitglieder für die Lizenzvergabe an den US-Energiekonzern Southern Company, der Vorsitzende Gregory Jaczko votierte dagegen.

Er habe zunächst weitergehende Garantien haben wollen, dass beim Neubau die nach der Katastrophe im japanischen Fukushima im vergangenen Jahr verschärften Sicherheitsbestimmungen auch eingehalten würden, sagte Jaczko.

Der Reaktortyp AP1000 der Firma Westinghouse, der in Georgia gebaut werden soll, unterscheidet sich nach Betreiberangaben deutlich von den Meilern der 60er, 70er und 80er Jahre, die zurzeit in den USA in Betrieb sind. Er soll wesentlich robuster sein und sowohl Erdbeben als auch Flugzeugabstürze unbeschadet überstehen, so Southern Company.

Auch Vorsorge für länger andauernde Stromausfälle – die in Fukushima für den Ausfall des Kühlsystems und die anschließende Katastrophe gesorgt hatten – sei getroffen. So stehe neben dem Reaktor ein riesiger Wasserspeicher, der im Notfall für Kühlwasserzufuhr sorgen könne.

Dennoch haben rund zehn Anti-Atomkraft-Organisationen in den USA angekündigt, gegen die Lizenzvergabe vor Gericht zu ziehen. Wie NRC-Chef Jaczko sehen sie die Sicherheitsvorkehrungen nicht ausreichend beachtet.

Bis zu 5.000 Beschäftigte

Selbst die Southern Company räumt ein, dass die letzten geforderten Neuerungen wohl erst nach Beginn des Betriebes eingebaut werden könnten - sieht darin aber, wie die Mehrheit der NRC, kein Problem. Dazu kommt: In der Hochphase sollen bis zu 5.000 Menschen in dieser dann größten Atomanlage der USA beschäftigt sein, das wären 3.500 mehr als derzeit – ein unschlagbares Argument in den von Arbeitslosigkeit geplagten USA.

Derzeit liefern die 104 in den USA betriebenen AKWs rund 20 Prozent der im Land verbrauchten Elektrizität. Waren seit dem GAU im Kraftwerk Three Mile Island in Harrisburg 1979 keine neuen Meiler mehr gebaut worden, so wurden doch die Laufzeiten der bereits bestehenden Reaktoren stets verlängert.

In den letzten Jahren haben rein ökonomische Gründe dafür gesorgt, dass keine neuen Anträge für den Bau von Atomkraftwerken mehr gestellt worden waren. Hauptgrund ist die Ausweitung der Energieproduktion durch Erdgas, das nach dem Auffinden immer neuer Vorkommen in den USA so billig ist wie nie zuvor. Dazu kommt, dass die von der Energieindustrie gefürchteten Abgaben für CO2-Emissionen von Kohlekraftwerken in den USA nie gegriffen haben und derzeit vom Tisch sind.

60 Jahre Laufzeit

So sind sich Energiewirtschaftsexperten uneins, ob es wirklich eine ökonomisch sinnvolle Entscheidung ist, derzeit auf Atomkraft zu setzen. Das Argument der Betreiber: Gesetze können sich ändern, Erdgas bleibt nicht immer billig, und in den geplanten 60 Jahren Laufzeit wird sich die heutige Investition lohnen.

Völlig ungeklärt ist in den USA noch immer die Frage der Endlagerung des Atommülls. Derzeit lagern die radioaktiven Abfälle in der Regel auf dem Gelände der AKWs selbst, in Zwischenlagern oder in den Abkühlbecken.

Langjährige Bestrebungen, in den Yucca Mountains im Bundesstaat Nevada, unweit des ehemaligen Atomtestgeländes des US-Militärs, ein zentrales Endlager einzurichten, wurden 2009 von der Regierung gestoppt. Ausschlaggebend war wohl der Widerstand des demokratischen US-Senatsvorsitzenden Harry Reid - Reid ist aus Nevada.

Offiziell heißt es, die Regierung suche nach alternativen Standorten für eine Endlagerstätte. Bei keiner der alternativ ins Gespräch gebrachten Möglichkeiten ist allerdings die technische Erkundung schon so weit wie im Fall Yucca Mountains.

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