Zweite Hinrichtung: Iran erhängt erneut Demonstrant

Der Iran richtet erneut einen Mann hin, der an Protesten teilgenommen hat. Die EU verurteilt die Tötung und verhängt neue Strafmaßnahmen.

Protest gegen Hinrichtungen im Iran – hier am Samstag in Berlin Foto: Jörg Carstensen/dpa

Madschidreza Rahnavard, ein 23-jähriger Profi-Wrestler aus der iranischen Stadt Maschhad, ist öffentlich an einem Baukran erhängt worden. Damit hat das Regime in Teheran das zweite Todesurteil gegen einen Demonstranten vollstreckt. Die Exekution erfolgte laut Ak­ti­vis­t:in­nen nur 23 Tage nach Rahna­vards Festnahme.

Derzeit droht rund 40 weiteren De­mons­tran­t:in­nen die Hinrichtung. Vorgeworfen wird ihnen „Krieg gegen Gott“. Weil der Straftatbestand nur vage definiert ist, interpretieren ihn die abhängigen iranischen Richter oft nach Belieben, um die Todesstrafe zu verhängen.

Im aktuellen Fall verbreitete das Staatsfernsehen Aufnahmen, die zeigen sollen, wie Rahnavard einen der Basidschi ersticht und flüchtet. Die Basidschi gehören einer Freiwilligenmiliz an, die eingesetzt wird, um Proteste niederzuschlagen. Bislang hat die Führung 18.000 Menschen im Zusammenhang mit den Protesten festnehmen lassen. Fast 500 Demonstrierende sollen getötet worden sein.

Im Gegensatz zu Mohsen Schekari, der vergangene Woche hingerichtet wurde, war Rahnavard für viele im Iran kein unbekanntes Gesicht. Aki­vis­t:in­nen hatten gewarnt, dass seine Hinrichtung bevorstehe. Öffentlichkeit soll in der Vergangenheit dazu geführt haben, dass Todesurteile in Haftstrafen umgewandelt wurden.

Dass Rahnavards Bekanntheit ihn nicht vor dem Tod bewahrt hat, zeigt die Entschlossenheit des Regimes. Die Machthaber, so kommentieren Ira­ne­r:in­nen, wüssten genau, dass sie die Chance auf ernst zu nehmende Reformen verspielt hätten. Jedes Zugeständnis würde jetzt als Schwäche gedeutet.

Zugleich stößt die Strategie, Kritik mit Gewalt zu ersticken, an Grenzen. Am Sonntag hatten Tausende in mehreren iranischen Städten an Schweigemärschen teilgenommen. Auch bislang regimetreue Stimmen haben sich dem Protest angeschlossen. So warnte Mohammad Sarafraz, früherer Leiter des Staatsrundfunks Irib, vor weiteren Hinrichtungen.

Sanktionen gegen 20 Personen

Unterdessen beschlossen die EU-Außenminister am Montag neue Strafmaßnahmen gegen 20 Personen und eine Organisation im Iran. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zufolge treffen die neuen Sanktionen auch Verantwortliche für die Hinrichtungen. Das seien insbesondere die Revolutionsgarden, aber auch diejenigen, die versuchten, mit erzwungenen Videos Menschen einzuschüchtern.

Bitter dürfte dem Regime auch die Reise des chinesischen Regierungschefs Xi Jinping nach Saudi-Arabien aufstoßen. China, auf dessen Rückhalt sich Iran bisher verlassen konnte, hatte drei zwischen Iran und den Arabischen Emiraten umstrittene Inseln im Persischen Golf als Territorium der Emirate anerkannt. Ex­per­t:in­nen werten diese Zuwendung zu den Golfstaaten als Zeichen, dass auch China das Regime in Teheran als instabil betrachtet.

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