Zwölf Hinrichtungen an einem Tag: In Pakistan sind die Henker los

Die Regierung lässt nach Beendigung des Moratoriums jetzt auch jene exekutieren, die nicht wegen Terrorismus verurteilt wurden.

Angehörige der Schüler, die bei einem Talibanangriff in Peschawar ermordet wurden. Der Angriff führte zur Aufhebung des Moratoriums für Hinrichtungen. Bild: Reuters

BERLIN taz | Zwölf zum Tode verurteilte Männer sind am Dienstag gleichzeitig in acht Gefängnissen in den pakistanischen Provinzen Punjab und Sindh hingerichtet worden. Dies berichteten lokale Medien unter Berufung auf das Innenministerium. Damit wurden seit Ende Dezember bereits 39 Personen gehängt.

Die zwölf Exekutionen vom Dienstag sind die höchste Zahl von Hinrichtungen an einem Tag in der jüngeren Geschichte des gewaltgeplagten Landes, aber erst der Anfang einer geplanten und umstrittenen Hinrichtungskampagne. Am Donnerstag sollen weitere Exekutionen folgen, nächste Woche sollen es 40 sein.

Die Regierung des konservativen Ministerpräsidenten Nawaz Sharif hatte am 17. Dezember ein Hinrichtungsmoratorium der Vorgängerregierung aufgehoben, das seit 2008 galt. Einen Tag zuvor hatten die pakistanischen Taliban (TTP) in Peschawar in einer von der Armee betriebenen Schule 150 Personen getötet, darunter 132 Kinder.

Um Entschlossenheit zu demonstieren, verkündete die Regierung die Wiederaufnahme der Exekutionen von Personen, die wegen Terrorismus verurteilt sind.

Stillschweigende Aufhebung des Moratoriums

Letzte Woche wurde bekannt, dass die Regierung stillschweigend das Moratorium für alle Exekutionen aufgehoben und die Provinzen beauftragt hat, Hinrichtungen für diejenigen vorzubereiten, deren Berufungen und Gnadengesuche abgelehnt wurden.

Die am Dienstag Gehängten waren wegen Mordes und nicht wegen Terrorismus verurteilt. In Pakistan gilt die Todesstrafe für 28 Vergehen, darunter Mord, Vergewaltigung, Hochverrat und Blasphemie. Schätzungen zufolge gibt es mindestens 8.000 Todeskandidaten, eine der höchsten Raten der Welt.

Menschenrechtsorganisationen versuchen jetzt den 25-jährigen Shafqat Hussein zu retten. Er soll an diesem Donnerstag exekutiert werden. Der aus Kaschmir stammende Analphabet ist wegen Mordes an einem Siebenjährigen verurteilt worden. Das Todesurteil eines Antiterrorgerichts beruht hauptsächlich auf einem Geständnis, das der damals 14-Jährige nach neuntägiger Folter unterzeichnet hat.

Minderjährigkeit und Folter zählen nicht

Mehrere Berufungsgerichte haben sich seitdem nie dafür interessiert, dass er zur Tatzeit ein Kind war und deshalb auch nach pakistanischem Recht nicht zum Tode verurteilt werden durfte. Die Polizei hatte ein anderes Alter angegeben. Auch dass er gefoltert wurde, blieb unberücksichtigt.

Hussein, der wahrscheinlich unschuldig ist, sollte schon am 14. Januar exekutiert werden. Doch Innenminister Chaudhry Nisar ließ den Termin verschieben. Am Dienstag sagte er laut The Express Tribune im Parlament: „Ich hatte eine Untersuchung angeordnet, aber jetzt kann nichts mehr getan werden.“

Kritik von Menschenrechtlern

Die britische Organisation Reprieve hat inzwischen Husseins Geburtsurkunde ausfindig gemacht und hofft auf ein neues Verfahren. „Die Justiz hatte elf Jahre Zeit, sein Alter zu ermitteln. Dass sie dies nicht tat, zeigt ihre völlige Inkompetenz“, sagt Clive Stafford Smith von Reprieve. „Wie kann man von dieser Justiz erwarten, dass sie herausfindet, ob jemand schuldig ist, wenn sie nicht einmal in der Lage ist, dessen Alter festzustellen?“

Die Schriftstellerin Fatima Bhutto, Enkelin des 1979 hingerichteten Expräsidenten Zulfikar Ali Bhutto und Nichte der ermordeten Premierministerin Benazir Bhutto, verweist darauf, dass parallel zur Vorbereitung von Husseins Exekution das Oberste Gericht die Freilassung von Zaki ur Rehman Lakvi anordnete. Er gilt als Drahtzieher des Terrorangriffs im indischen Bombay 2008 mit 164 Toten.

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