vonAchmed Khammas 02.01.2007

Der Datenscheich

Erneuerbare Energie, Science Fiction, Technikarchäologie und Naher Osten – verifiziert, subversiv, authentisch.

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Es ist eher zu befürchten, daß es auch weiterhin ein Spiel auf Gegenseitigkeit bleibt…030 auf gegenseitigkeit.jpg

(mit Dank an Amer al-Zou’bi)

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kommentare

  • Geschwurbeltes in SpOn, oder

    Yassin Musharbash schreibt eine Analyse für spiegel online!

    In meinem Verständnis bedeutet Analyse soviel wie Zergliederung eines Ganzen in seine Teile, Zerlegung, Untersuchung, auflösen des Informationsknäuls und Herausstellen der Einzelpunkte, der Ereignisfäden……

    Aber mit dieser Auffassung liege ich wahrscheinlich total daneben, bei SpOn funktioniert analysieren einfach ganz anders, da haben Informationen, daß der Irak vorgeblich zwei Millionen Barrel Öl pro Tag “verkauft”, aber der Iraker vier Stunden lang schlange steht, um auf dem Schwarzmarkt Öl für den Generator zu bekommen,( es sei denn er kommt gleich mit dem Panzer, Grins) einfach keinen Platz. (*2)

    „Befeuert der Tod des Tyrannen den Aufstand ?“ fragt Yassin Musharbash

    Nur Wer? diesen Tyrannen im Irak installiert hatte und Warum?, dazu schweigt sich SpOn in seiner Analyse aus.

    Ganz anders La Repubblica aus Italien: „Er wurde als Marionette geboren, die von Washington gebaut und bewegt wurde.“ Und Warum?….. „um im Kalten Krieg gegen die (…) iranischen Ayatollahs benutzt zu werden“.

    In diesem Krieg gegen den Iran in den Achtziger Jahren hatte Saddam die volle Unterstützung der USA, sie stellten die Logistik der Feindaufklärung und lieferten die Waffen. Für die USA ging es darum, ein Volk zu bestrafen, das es gewagt hatte, seinen Tyrannen von nordamerikanischen Gnaden mitsamt seiner Geheimpolizei und seinen CIA-Beratern abzusetzen und das Erdöl zu verstaatlichen. (*1)

    Der Aufstand dürfte kaum durch den Tod dieser amerikanischen Marionette „befeuert“ werden, wie sich der Spiegel sorgt. 1,5 Millionen Tote durch das Wirtschaftsembargo der USA und 650.000 Tote durch Iraqi Freedom dürften als Brennstoff zur Befeuerung des Aufstandes gegen die, einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führende, Besatzungsmacht vollkommen ausreichen.

    Nur darüber verliert Yassin Musharbash kein Wort.

    „Treibt er den Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten noch weiter voran?“

    Mit „er“ sind jetzt keineswegs die Spezialeinheiten der Besatzer gemeint, die in zivil und als Araber getarnt Spengsätze mit Fernzündung durch die Gegend fahren (siehe Nachsatz). Auch nicht die Leute, die die Bush-Regierung unterstützte und förderte, vom Hochstapler und Veruntreuer Chalabi, über den Terroristen Jaffari bis zu dem Milizionär Maliki.

    Auf die Idee, daß Entscheidungen wie die Auflösung der irakischen Armee, die Aufhebung der Verfassung, und statt dessen rivalisierenden Milizen die irakische Sicherheit anzuvertrauen etwas mit der derzeitigen Situation im Irak zu tun haben könnte , kommt der Spiegel-Schreiber erst gar nicht.

    Die Idee, daß einzig und allein der Tod Saddams den „Bürgerkrieg“ weiter anheizt, reicht Herr Musharbash für seine Analyse vollkommen aus.

    Auch erwähnt er mit keinem Wort, daß der Tyrann die Kurden und Schiiten nur massakrieren konnte, weil die USA, wie damals die Russen vor Warschau beim polnischen Aufstand, die Kämpfer im Stich ließen. Es waren die USA, die Saddam die Waffen geliefert hatten, die Kurden vergiftete er mit deutschem Gas, und beide Volksgruppen, Kurden und Schiiten wurden ihm zum Abschlachten zugeführt.

    Das Gedächtnis eines Spiegel-Redakteurs mag sehr kurz sein, das kollektive Gedächtnis von Volksgruppen ist es nicht.

    „Das bedeutet aber nicht, dass die Causa Saddam keine Sprengkraft mehr besitzt!“

    Behauptet SpOn, nur für wen, Herr Musharbash? Für das Verhältnis der USA zu seinen arabischen Vasallen, wenn die Hintergründe des Überfalls auf Kuweit 1991, und die Rolle, die der US-Außenminister James Baker dabei gespielt hat, der Consigliere der Bush-Familie, der Mann, der George W. geholfen hat, die Wahlen von 2000 zu stehlen, eine breitere Öffentlichkeit erreicht?

    James Baker war es, der für Saddam den Eindruck erweckte, die USA würden eine Annexion Kuweits hinnehmen, sozusagen als Belohnung für treue Dienste, hatte er doch sein Land gerade mit Unterstützung und im Interesse der USA im Iran-Krieg ruiniert.

    „Bis nach Saudi-Arabien, wo sich im Moment wegen der Pilgerfahrt hunderttausende sunnitische Muslime aus aller Welt aufhalten, wurde das Timing der Exekution daher als Provokation verstanden.“

    Vollkommen klar, Herr Yassin Musharbash, den Überfall auf den Libanon, der Konflikt zwischen Israel und Palästina, spielt alles keine Rolle, nur schlechtes Timing führt zu einer Provokation.

    „Noch haben sich die sunnitischen Terrorgruppen von al-Qaida im Zweistromland bis Ansar al-Sunna nicht geäußert“, bedauert Spon. „Erst in ein paar Tagen wird man wohl sehen, ob sich der Tod Saddams für Gewaltakte ausschlachten läßt“. Vertröstet SpOn seine Leser.

    Dabei haben die Iraker auch ohne den Tod von Saddam genug Stoff zum ausschlachten, lese ich dagegen auf freace: „Al-Qaida? Das ist lächerlich. Bush hat im Irak in diesen vier Jahren mehr Terroristen geschaffen als Osama bin Laden in 10 Terrorlagern in den entlegenen Bergen Afghanistans hätte schaffen können. Unsere Kinder spielen jetzt “Scharfschütze” und “Jihadist” und geben vor, daß einer einen amerikanischen Soldaten zwischen den Augen trifft und dieser einen Humvee sich überschlagen läßt.“ (*2)

    „Die Gefahr, daß die Hinrichtung Saddams im Irak (und außerhalb) als Ergebnis einer schiitisch-amerikanisch-kurdischen Siegerjustiz aufgefaßt wird, ist jedenfalls keineswegs gebannt.“ Behauptet SpOn.

    Nur warum wird das heute so aufgefaßt? Bestand nicht der größte Teil seiner Regierung aus Shiiten? Haben nicht erst die Amerikaner und ihre irakischen Marionetten dafür gesorgt, daß durch permanente Radio-Reden, Fernsehkommentare und Zeitungsartikel auch dem letzten Iraker klar gemacht wurde, daß Saddam als Personifizierung des sunnitischen Widerstands gegen die Besatzung zu gelten hat? Nur durch diese beständige Betonung in der amerikanischen Kriegspropaganda repräsentiert Saddam heute alle sunnitischen Araber.

    „Saddams Hinrichtung verschärft dieses Gefühl noch, daß sich die Sunniten, über Jahrhunderte die dominierende Minderheit im Zweistromland, heute an den Rand gedrängt fühlen.“ Stellt SpOn fest.

    Nur warum wurde dieses Gefühl noch ständig von der Besatzungsmacht geschürt? Wäre es nicht angebracht gewesen, auf die sunnitischen Opfer dieses „dictators created and distroyed by America“ (Robert Fisk) hinzuweisen?

    „[..] die Hinrichtung aus dem Referenzrahmen des eskalierten Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten herauszulösen und als Akt der Gerechtigkeit an allen erscheinen zu lassen.“ Schlägt Yassin Musharbash im Spiegel vor.

    Nur dieser Referenzrahmen ist, wenn heute für die Iraker ein acht Jahre dauernder Krieg und eine 13 Jahre dauernde Blockade wie die “Goldenen Jahre” des Landes aussehen, schwer herstellbar.

    „In der arabischen Welt, wird der Diktatoren-Tod kaum positive Auswirkungen haben“ sorgt sich SpOn.

    Wie sollte er auch, “….bestand doch nie ein Zweifel, dieses Verfahren, Urteil und Hinrichtung waren 100 Prozent amerikanisch. Einige der Darsteller waren ausreichend irakisch, aber die Produktion, Regie und Schnitt waren reines Hollywood.Wenn auch meiner (Riverbend auf freace) Meinung nach eine Billig-Produktion.“

    „Genau wie der gesamte Irakkrieg ist auch die Hinrichtung Saddams nicht geeignet, Hoffnung in den Herzen der Araber keimen zu lassen oder diejenigen ihrer Herrscher abzuschrecken, die “pro-westlich” sind“ bedauert der Spiegel-Schreiber. (*3)

    Nur welcher Araber, angesichts der nordamerikanischen Politik seit 1945, die eine Fortsetzung der vorhergehenden Politik der Kolonialmächte war, da Hoffnung im Herzen tragen sollte, das verrät Herr Yassin Musharbash seinen Lesern nicht.

    „Daß durch den Tod des Despoten die vorbereiteten Verfahren überflüssig werden, mögen viele Opfer wie eine zweite Bestrafung empfinden. Wenn der irakische Staat seine Bürger nicht in die Lage versetzt, ihre Leiden zu Protokoll zu geben, und wenn der Staat die Schuldigen nicht ordentlich zur Verantwortung zieht, dann hat dieser Staat verloren,“ kommentiert dagegen die schweizer NZZ am Sonntag.

    Dafür schwadroniert der SpOn Schreiber munter über Saddam weiter: “In der arabisch-islamischen Welt genoß er jedoch einen gewissen Respekt. Auch weil er, zumindest in seinen letzten anderthalb Jahrzehnten, so ein erklärter Feind der USA war, der immerhin zwei Kriege gegen die letzte verbliebene Weltmacht führte“.

    Da staunt dann selbst ein hart gesottener Spiegel-Online-Leser…… Saddam führte völkerrechtswidrige Angriffskriege GEGEN die USA, ermordete über 650.000 US-Bürger und begründete diese Kriege dann wahrscheinlich damit, daß die USA- Massenvernichtungswaffen besitzen und eine Gefahr für den Weltfrieden sind, und vorher hatte er natürlich die USA in die Schweinebucht in Kuba gelockt, und danach ein Wirtschaftsembargo gegen die USA durchgesetzt, dem 1,5 Millionen Nordamerikaner zum Opfer fielen ………….oder wie jetzt, Herr Musharbach?

    Wie lautete doch der Slogan dieses ehemaligen Nachrichtenmagazins: Spiegel-Leser wissen mehr!
    (*1) http://de.wikipedia.org/wiki/Erster_Golfkrieg
    (*2) http://www.freace.de/artikel/200612/311206a.html
    (*3) http://www.freace.de/artikel/200612/301206a.html

    Ein kleiner Nachsatz: Die Herstellung von Realitäten erfolgt in den ewigen Wiederholungsschleifen des Mainstreams. Diese Realitäts-Relationen dienen der Ausübung von Macht, ökonomischer und damit politischer Macht. Es ist nicht die Realität, die unser Leben regiert, sondern es ist unsere Wahrnehmung dieser Realität.

    Wie die meisten der Leser kenne ich den Irak nur aus den Medien, aber ich kenne die Politik der USA in ihrem lateinamerikanischen Hinterhof, und hier in der Karibik habe ich Zugang zu Quellen und Hintergrundinformationen, die so nie in den Medien auftauchen. Dieser Erkenntnishintergrund hilft mir bei der Beurteilung der Meldungen aus dem Irak, ob ich damit „richtig“ liege, weiß ich nicht.

    Aber wie der Mitarbeiter des Verfassungsschutzes Peter Urbach die vor dem Springer Hochhaus in der Kochstraße demonstrierenden Studenten mit Molotow-Cocktails versorgte, damit die Situation eskalierte, das habe ich selber erlebt, aber erst viel später begriffen.

    Auch solche Erfahrungen helfen bei der Einschätzung von Situationen, die plötzlich außer Kontrolle zu geraten scheinen.

    El Patio

    ————

    Der Datenscheich:

    Wie es der Geist der Synchronizität will … rief mich Yassin gerade eben an – er hatte ein paar Fragen in Verbindung mit dem Video der Hinrichtung von Saddam, doch dabei konnte ich ihm nicht helfen. Nicht zuletzt, weil ich mich hüte, mir ein derartiges Video anzuschauen. Geschweige denn den dort stattgefundenen Disput zu transkribieren o.ä.
    Aber das hat hat gar nichts mit Deinem Eintrag zu tun, el Patio.

    >> James Baker war es, der für Saddam den Eindruck erweckte, die USA würden eine Annexion Kuweits hinnehmen…

    Ich erinnere mich da an eine US-Botschafterin in Bagdad, die Saddam persönlich versichert hätte, ein Einmarsch in Kuwait würde seitens der USA als ‘interne Angelegenheit’ betrachtet werden… und die danach SEHR schnell in der Versenkung verschwand.

    Auch ich kenne den Irak nicht so gut – da ich ja im benachbarten Syrien aufgewachsen bin -, erhalte über meine Verwandten in Bagdad, Mossul, Tikrit, Basra und sonstwo aber immer wieder interne, inoffizielle oder nicht-öffentliche Informationen, die deine Aussagen in allen Punkten stützen, el Patio.

    Die verschiedenen “Hinterhöfe” sind sich gar nicht so unähnlich…

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