die wahrheit: Nutten, dass ..?

Staatsfernsehaffäre: Deutschland sucht den Supermoderator.

Selbst die Queen hat ihre Krone in den Ring geworfen und will die Nach- folge des deutschen Quotenkönigs Thomas Gottschalk antreten. Bild: dapd

Schlimmer geht immer. Als Marx, powered by Hegel, einst dekretierte, Geschichte ereigne sich mitunter zweimal, erst als Tragödie, dann als Farce - da wusste er noch nichts vom Zweiten Deutschen Fernsehen. Dort läuft die Farce "Deutschland sucht den Supermoderator" mittlerweile in der Dauerwiederholung und ist längst zur echten Großtragödie geworden. Die Stelle des "Wetten, dass ..?"-Moderators ist schließlich immer noch das höchste Amt, das die Bundesrepublik Deutschland zu vergeben hat - doch die wenigen würdigen Anwärter winkten alle ab.

Erst ließ H. P. Kerkeling den Kelch an sich vorüberziehen, dann Anke Herbig und Bully Engelke, Ina Müller kann nicht, Barbara Schöneberger will nicht und Michelle Hunziker soll nicht. Günther Jauch: zu teuer; Joko und Klaas: zu doof; Gitti & Erika: viel zu doof; Maria und Margot Hellwig: im Prinzip ideal, aber teilweise zu verstorben. Jetzt läuft die Suche nach einem Sukzessor für Thomas Gottschalk aus dem Ruder, im zuständigen ZDF-Gremium für Moderatorenfindung regiert die nackte Panik. Nach Informationen der Programmillustrierten Focus droht ZDF-Programmchef Thomas Bellut bereits mit dem äußersten, nämlich mit Markus Lanz und Johannes B. Kerner. Experten rechnen jedoch mit dem Scheitern dieser Option vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Für Lanz sprächen immerhin seine hohen Quoten und für Kerner die hohen Quoten, die er heute nicht mehr hat.

Überraschenderweise meldete sich die Showruine Wolfgang Lippert: Er rechnet sich Chancen auf eine Rückkehr aus und spielt bereits mit dem Gedanken, eine Facebook-Gruppe zu gründen namens "Wir hätten echt ganz gerne den Lippi als Wetten-dass-Moderator zurück". Bislang scheut der DDR-Stimmungsmacher aber noch die Kosten. "Nur dafür einen kompletten Computer zu klauen, das wäre doch Wahnsinn", sagt der Mann, der vor Jahren schon mit der Entwendung einer simplen Kombizange überfordert war.

Wer käme sonst noch in Frage? Hinter verschlossenen Türen fiel der Name des Gaddafi-Sohnes Saif al-Islam. "Denkverbote", so ein ZDF-Sprecher, könne man sich in der jetzigen Situation "absolut nicht" leisten. Al-Islam habe eine "faszinierende Ausstrahlung", könnte für sichere Quoten in Migrantenkreisen sorgen, außerdem gelte auch für den umstrittenen libyschen Entertainer bis zu seiner ordentlichen Lynchmob-Erschießung die Unschuldsvermutung. Die Idee, ihm als Co-Moderatorin die kürzlich überraschend zu Ruhm gekommene Zwickauerin Beate Zschäpe beizuordnen, gilt allerdings als äußerst unglücklich.

Um das höchste Moderatorenamt der Republik vorerst nicht weiter zu beschädigen, zog Kanzlerin Angela Merkel nun die Reißleine, berief das Kabinett ein und strich die Weihnachtsferien. Über sämtliche B- bis F-Prominente ließ sie eine Ausreisesperre verhängen. "Größere Absetzbewegungen", so die Kanzlerin, "kann sich das Land derzeit nicht leisten." Sie hat die Nachfolger-Suche zur Chefsache erklärt und setzt auf das bewährte Konzept der Doppelmoderation.

Eine Eilanfrage bei Jopi Heesters (fast 108) und Helmut Schmidt wird bereits als "vielversprechend" gehandelt. Auf seinem einen Auge sieht der Methusalem der Wehrmachtsunterhaltung noch ganz gut, und neben ihm brächte der fast eine Generation jüngere Altkanzler eine vergleichsweise jugendliche Note in die Show. Selbst bloßes Rauchen brächte echte Spannung: Wetten, dass jede live gerauchte Zigarette schon die letzte sein kann? Aus Insiderkreisen hört man indes, dass Schmidt viel lieber Peer Steinbrück als Moderator sähe - "Er kann es", soll der kregle Rauchverzehrer kürzlich irgendwo gesagt haben.

Allerdings haben die angeschlossenen Eurovisionsländer Österreich und Schweiz bereits ein Veto gegen diese Nulllösung eingelegt. Sie wollen nicht, dass ein Sozi die Sendung moderiert. Die Begründung: Deutsche Übernahmeversuche seien immer nur aus der rechten Ecke gekommen, und da sollten sie "aus Traditionsgründen" auch bleiben.

Als quasi Gegenentwurf brachte Merkel daher Bushido ins Spiel. Nach seiner legendären Bambi-Dankesrede ("Kurz nach meiner Geburt hab ich mit Deutsch angefangen") hat sich der teilrasierte Gettoblaster im Eilverfahren integriert und gilt schon jetzt als sendefähig. Bushidos cooles Konzept: Er will jede Menge Schlampen, Nutten und krasse Bitches auf der Show-Couch versammeln, auf keinen Fall jedoch "Schwuchteln und Spinatstecher" - und sich dann mal so richtig zukoksen. Von Ihren Gebühren.

Mag das Konzept auch fragwürdig klingen, einen gewaltigen Vorteil bringt Bushido zweifellos mit: Er ist so dumm, dass ihm die Sendung tatsächlich gefallen könnte. Wetten, dass ..?

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kari

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