Dringend gesucht: gemeinsame Normen

SCHULE Das Projekt „Schule ohne Rassismus“ erkennt eine größere Unruhe in der Rassismusdebatte an Schulen. Verantwortlich für den neuen Tonfall soll auch Thilo Sarrazin mit seinen Thesen sein

Der Diskurs über Rassismus an Berlins Schulen wird seit zwei Jahren aggressiver geführt. „Die Debatten zeichnen sich durch eine größere Unruhe aus. Daran hat auch Thilo Sarrazin seinen Anteil“, sagte die Leiterin der Bundeskoordination des Projekts „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, Sanem Kleff, im dapd-Interview. Auch die Thematisierung sogenannter Deutschenfeindlichkeit habe zu einer Verschärfung des Tons geführt.

Dadurch seien viele Lehrer verunsichert und würden verstärkt Hilfe in Anspruch nehmen. „Viele bilden sich gezielt fort und setzen sich mit verschiedenen Kulturen auseinander“, sagte Kleff. Fremde Religionen stehen dabei ganz oben auf dem Plan: „Besonders beim Islam fragen sich die Lehrer, was in dieser Religion üblich ist und was über den normalen Glauben hinausgeht“, so die 56-Jährige.

Ein konstruktiver, zugewandter Dialog zwischen den Kulturen sei wichtig, um rechtsextremen Gruppen keinen Nährboden zu geben. „Die Strukturen dieser Organisationen haben sich nicht geändert, ihr Auftreten aber sehr“, sagte Kleff. Früher habe es martialisch aussehende Männer in Springerstiefeln und Bomberjacke gegeben, heute verbreiteten auch adrett gekleidete Menschen rechtes Gedankengut. Das fordere die Schulen auf eine neue Weise heraus. „Da müssen neue Strategien entwickelt werden, um die Kinder vor solchen Einflüssen zu schützen“, sagte Kleff.

Besonders wichtig seien verbindliche Regeln für alle Schüler. „Gemeinsame Normen schaffen einen Rahmen, der allen Halt gibt“, sagte Kleff. Angesichts der Vielfalt von Kulturen und Religionen sei die Erstellung eines gemeinsamen Regelwerks jedoch nicht einfach. Besonders Geschlechterrollen seien ein heikles Thema: „Hier gibt es die größten Unterschiede und meisten Konfliktpunkte“, so Kleff. (dapd)