Schwarz-Rot-Gelb fast wie neu

PARTEITAGE Die FDP wird künftig von einer weiblichen Doppelspitze geführt, die Linke will ein quotiertes Führungsduo. Und die CDU beschließt so viele Reformen, dass sie sich selbst kaum wiedererkennt

Die CDU setzt sich nun für die Stadtbahn ein, für Flüchtlinge und gleichgeschlechtliche Paare

Die Hamburger FDP hat eine weibliche Doppelspitze. Die Bundestagsabgeordnete Sylvia Canel wurde auf dem Parteitag am Sonnabend im Bürgersaal Wandsbek überraschend zur neuen Parteivorsitzenden gewählt. Zusammen mit der Fraktionschefin in der Bürgerschaft, Katja Suding, führt sie nun die Liberalen durch den bevorstehenden Wahlmarathon: 2013 stehen die Wahlen zu den Hamburger Bezirksversammlungen, die Europa- und anschließend die Bundestagswahl auf der Tagesordnung.

Die 53-jährige Canel setzte sich in einer Kampfkandidatur gegen den FDP-Vize Gerhold Hinrichs-Henkensiefken knapp durch. Mit 60 von 119 Stimmen gültigen Stimmen erreichte die Lehrerin 50,4 Prozent. Auf den 56-jährigen Hinrichs-Henkensiefken, Kandidat von Suding und des Landesvorstandes, entfielen 55 Stimmen bei vier Enthaltungen. Suding selbst hatte nach dem überraschenden Rücktritt des Parteivorsitzenden Rolf Salo Ende Februar zeitweise mit einer Kandidatur geliebäugelt, letztlich aber den biederen und loyalen Parteiarbeiter Hinrichs-Henkensiefken als Statthalter in der Führung der etwa 1.200 Mitglieder starken FDP platzieren wollen.

Canel kündigte an, zwar auch auf klassische Themen wie Wirtschaft, Finanzen und Steuern zu setzen, was die FDP grundsätzlich von den anderen Parteien unterscheide. „Sparen heißt jedoch nicht, auf politische Gestaltung zu verzichten“, sagte sie. Zugleich aber wolle sie „Themen des Herzens“ betonen wie Bildung, Kultur und soziale Integration. In Fragen von Bürgerrechten, Datenschutz oder gläserner Verwaltung dürften keine Abstriche gemacht werden, so Canel.

Die seit Jahrzehnten immer wieder heftig zerstrittene Partei hat seit 1988 mehr als ein Dutzend Vorsitzende verschlissen, manche hielten sich nur wenige Monate im Amt. Deutlich friedlicher wurde es erst, als der Unternehmer Rolf Salo 2009 die Führung übernahm und Spitzenkandidatin Suding die FDP nach sieben Jahren außerparlamentarischer Opposition 2011 wieder in die Bürgerschaft führte. Von den 6,7 Prozent bei der Wahl ist die FDP in Hamburg jedoch wieder weit entfernt. Umfragen sehen sie inzwischen bei höchstens drei Prozent.

Ebenfalls am Sonnabend hat die Hamburger CDU neue „Leitlinien“ beschlossen. Damit soll die Rückkehr der Union zu einer modernen Großstadtpartei erreicht werden. Die CDU setzt sich nun für die Stadtbahn ein, für das Recht minderjähriger Flüchtlinge auf ein verbindliches Bleiberecht und den Zugang zu Bildung und Gesundheit oder für eine rechtliche Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Paare. Wichtig ist der Union aber auch die Ausrichtung Olympischer Sommerspiele in Hamburg – wann auch immer.

Die mehrstündigen Debatten und über 200 Änderungsanträge auf dem Parteitag wertet der Landesvorsitzende Marcus Weinberg als positiv: „Das ist ein Zeichen der Entwicklung: So kannte man die CDU noch nicht, und ich freue mich, dass wir in der Öffentlichkeit jetzt anders wahrgenommen werden.“

Hamburgs Linkspartei soll künftig von einer quotierten Doppelspitze geführt werden. Eine entsprechende Satzungsänderung beschloss ein Parteitag am Samstag in Hamburg. Bislang gab es vier gleichberechtigte Sprecher der Landespartei. Die Regelung wird erstmals bei turnusmäßigen Neuwahlen auf einem Parteitag Ende April angewendet werden. SVEN-MICHAEL VEIT