Hilfsorganisation kämpft

JUSTIZ Die muslimische humanitäre Organisation IHH wehrt sich vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen ihr Verbot im Jahr 2010

FREIBURG taz | Die Internationale Humanitäre Hilfsorganisation (IHH) kämpfte am Mittwoch vor dem Bundesverwaltungsgericht um ihr Überleben. Die muslimische Organisation wurde im Sommer 2010 vom Bundesinnenministerium verboten. Sie unterstütze den sozialen Arm der palästinensischen Hamas im Gazastreifen, hieß es zur Begründung, und stärke dadurch mittelbar eine Terrororganisation. Die IHH klagte gegen das Verbot.

Der Prozess ist von großer Bedeutung, weil die IHH inhaltlich und personell Milli Görüs nahesteht, der mit rund 40.000 Mitgliedern größten islamistischen Organisation in Deutschland. Möglicherweise diente das IHH-Verbot der Vorbereitung eines Verbots von Milli Görüs.

Besondere Brisanz

Von besonderer Brisanz ist das Verfahren auch, weil das Bundesverwaltungsgericht eine mögliche Verschärfung seiner Rechtsprechung zu Vereinsverboten andeutete. So könnte es künftig genügen, dass eine objektive Unterstützung terroristischer Gruppen nachgewiesen wird und es nicht mehr auf einen subjektiven Willen zur Unterstützung ankommt. Vor einem Jahr versuchten die Richter ein Grundsatzurteil in dieser heiklen Frage zu vermeiden und schlugen einen Vergleich vor: Das Verbot der IHH wäre aufgehoben worden, im Gegenzug hätte sich die Hilfsorganisation nicht mehr in Palästina engagieren dürfen. Die IHH stimmte zu. Die Bundesregierung lehnte aber ab und lieferte stattdessen neue Argumente für ein Verbot.

IHH-Anwalt Reinhard Marx sprach von „Prozessverschleppung“ und beantragte erfolgreich Eilrechtsschutz. Im Juni 2011 erlaubte das Bundesverwaltungsgericht der IHH, bis zum Urteil wieder Spenden zu sammeln – nur nicht für Palästina. Das Urteil zum IHH-Verbot sollte Mittwochabend fallen. Die deutsche IHH ist nicht mit der gleichnamigen türkischen Hilfsorganisation verbunden, die 2010 durch einen Schiffskonvoi Israel herausforderte. CHRISTIAN RATH

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