Die Wahrheit: Ihr sollt brennen!

Einführung in die Grundlagen des Salafismus.

Wir sagen nicht: „Du wirst Hölle schmoren, dreckiger Kufr“, verbessert Mirko Hagström seinen Kursteilnehmer. „Wir sagen erst einmal: Einen schönen guten Tag, mein Name ist soundso, und Sie werden in der Hölle schmoren, Sie dreckiger Kufr! Bitte gleich noch einmal.“

Der Dozent wendet sich nun der ganzen Klasse zu und bittet die jungen Männer mit den Vollbärten, diesen Satz zu wiederholen, doch den wenigsten geht die höfliche Anrede über die Lippen, stattdessen ergehen sie sich in wüsten Beschimpfungen. Bald sind alle aufgesprungen und brüllen durcheinander, manche rappen sogar vor Wut. Nur ein Jungspund mit flaumiger Gesichtsbehaarung ist sitzen geblieben und blättert verwirrt in seinem Koran.

„Was heißt Kufr?“, will er wissen. Ein respekteinflößender Bursche von der Statur eines Kirmesboxers legt ihm verständnisinnig den Arm auf die Schulter, führt ihn nach draußen und weist den Bruder dort mit einigen Nasenstübern in die Grundlagen des Salafismus ein.

„Ja, richtig“, kommentiert Hagström die Unterbrechung. „Theologische Fragen klären Sie am besten mit Abu Simpel, ich bin hier bloß für die Kommunikation zuständig.“

Mirko Hagström leitet eine Schule für religiöses Direktmarketing und hat gut zu tun, seit muslimische Extremisten in deutschen Fußgängerzonen ihre Korane verteilen.

„Im Prinzip haben die Salafisten dasselbe Problem wie die Piratenpartei: enormes Potenzial, aber kein passendes Personal. Außerdem zu wenig Frauen in Führungspositionen, kleiner Scherz am Rande. Mit meinen Kursen versuche ich jedenfalls, sie für den globalisierten Missionswettbewerb fit zu machen.“

Der passionierte Klingelbeutelschneider Hagström, der sich selbst schmunzelnd als wertkonservativen Nihilisten bezeichnet, kann auf eine bewegte Karriere im spirituellen Haustürgeschäft zurückblicken. Als Sannyasin hat der junge Hagström in den Siebzigern so manche Fußgängerzone vollgechantet, anschließend einen chronisch umsatzschwachen Ashram in die Gewinnzone gemanagt, bis ihn eine Räucherstäbchenallergie sowie eine religiöse Offenbarung in Form einer Steuerprüfung zu neuen Ufern führten.

In den Achtzigern koberte Hagström für Scientology, in den Neunzigern lief er schließlich zu Carsten Maschmeyers AWD über, weil ihm die Scientologen einfach nicht gewinnorientiert genug waren. Doch auch dort hat es ihn nicht lange gehalten. „Zu arriviert, zu lasch“, lautet sein Verdikt. „Ich suche die berufliche Herausforderung. Ich will mit Leuten arbeiten, die wirklich brennen oder zumindest gern andere brennen sehen.

Deswegen hat er nun mit einem saudischen Investor seine Akademie gegründet, die auch vom deutschen Steuerzahler unterstützt wird. „Der Verfassungsschutz hat großes Interesse an unserer Arbeit und zahlt gutes Geld, wenn wir sie über die Erfolge der Schüler auf dem Laufenden halten. Eine echte Win-win-Situation, jedenfalls für mich.“

Hagström geht zu einer neuen Übung über. Die Kursteilnehmer sollen jetzt die Außenwirkung ihres Bekenntnisses einschätzen lernen und sind ehrlich überrascht, als Begriffe wie „Steinigung“ und „Scharia“ von Hagström nicht in der mit „Fun“ überschriebenen, sondern in der „No Fun“-Kategorie eingeordnet werden.

Letztlich verbleiben nur „Coole Bärte wie bei ZZ Top“ und „Die Zähne mit einem angekauten Stöckchen putzen“ in der Spalte mit dem Smiley. „Damit müssen wir arbeiten“, meint Hagström und tippt etwas ratlos auf die beiden Kärtchen. „Na ja, vielleicht drohen wir fürs Erste doch lieber mit der Hölle.“

Den schlechten Ruf seiner Kunden und ihres Produktes sieht der professionelle Dienstleister dennoch nicht als reinen Nachteil an: „Wenn Sie künftig Besuch von zwei ehemaligen Türstehern mit struppigen Bärten bekommen, die mit Ihnen über die Hölle reden wollen, macht das doch deutlich mehr Eindruck als die üblichen glattrasierten Milchbubis in ihren weißen Hemdchen mit den Jesusgesprächen“, erklärt er, während Abu Simpel freundlich nickt und die Muskeln spielen lässt.

Abu Simpel, Spiritus Rector der Gruppe, hat schon vor seiner Bekehrung Erfahrungen bei einer Drückerkolonne sammeln können. Damals hat er mit jungen Straffälligen Zeitschriften-Abos vertickt, ab morgen will er seine Jungs an den Haustüren Korane verschenken lassen.

„Stellen Sie sich immer namentlich vor, und behandeln Sie den westlichen Abschaum mit Respekt. Das schafft Vertrauen und signalisiert interkulturelle Kompetenz“, fasst Hagström die heutige Lektion nochmal zusammen und bittet einen unscheinbaren Jungen zum Rollenspiel.

„Einen wunderschönen guten Tag, mein Name ist Torben-Djihad und ich verachte Sie zutiefst ob Ihrer Verderbtheit und Schamlosigkeit, für die Sie in alle Ewigkeit verdammt sein mögen. Darf ich Ihnen einen Koran anbieten?“

„Da war doch schon viel Schönes bei“, gibt sich der Kursleiter zufrieden.

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kari

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