Neonazis tauchen ab

EXTREMISMUS Trotz des Verbots einer Nazi-Demo in Dortmund protestieren Bürger gegen rechts

DORTMUND taz | Trotz höchstrichterlichen Verbots einer Neonazi-Großkundgebung haben mehr als 1.500 Menschen in Dortmund am Samstag gegen Rechtsextremismus und Rassismus demonstriert. Mit Gedenkveranstaltungen und einem Friedensfest wandten sie sich gegen Versuche der Rechtsextremen, Dortmund zu einem Zentrum der Neonazi-Szene in Westdeutschland zu machen.

In den acht Jahren zuvor hatten die Rechtsextremen bundesweit für ihre Kundgebung mobilisiert. Rund 1.000 Neonazis zogen dann durch die multikulturell geprägte Dortmunder Nordstadt und skandierten fremdenfeindliche Parolen. In diesem Jahr hatte das Bundesverfassungsgericht den Aufmarsch untersagt: Der Anmelder war Mitglied der von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) verbotenen Neonazi-Organisation „Nationaler Widerstand Dortmund“.

Vor dem einstigen Gestapo-Gefängnis Steinwache warnte Dortmunds DGB-Chefin Jutta Reiter, auch nach dem Verbot müssten die Rechtsextremen „wachsam“ beobachtet werden: 2009 hatten Rechtsextreme die Maikundgebung des DGB überfallen. Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) räumte ein, dass die Neonazi-Szene „vielleicht“ nicht frühzeitig und konsequent bekämpft worden sei.

Trotzdem kritisierte Sierau AktivistInnen der Antifa: Deren „Reisekadern“ unterstellte der Oberbürgermeister indirekt Gewaltbereitschaft – und erntete laute Buhrufe und Pfiffe: Die rund 900 Teilnehmer der zwei Antifa-Demos stellten den Großteil der Demonstranten gegen rechts. „Von Gewalt vonseiten der Antifa habe ich nichts gesehen oder gehört“, sagte Fatih Ece, Sprecher des Bündnisses „Dortmund nazifrei“.

Von den Neonazis selbst war am Samstag nichts zu sehen: Die saßen zu Hause und wurden von der Polizei überwacht. Trotzdem versuchen die Rechtsextremen, sich neu zu organisieren: Nach taz-Informationen sind einige nach dem Verbot ihrer „freien Kameradschaft“ bereits in die NPD eingetreten.

ANDREAS WYPUTTA