Merkel lehnt Filmshow mit Hassvideo ab: „Eine tiefgreifende Beleidigung“

Muslimische Verbände streiten über ein Verbot der Aufführung des antimuslimischen US-Videos. Angela Merkel sieht die Filmvorführung in Berlin skeptisch.

Proteste weltweit: Am Montag gingen auch indische Musliminnen in Jammu auf die Straße. Bild: dapd

BERLIN taz | In die Debatte über ein Vorführverbot des umstrittenen Anti-Islam-Films „Die Unschuld der Muslime“ hat sich die Bundeskanzlerin eingeschaltet. Angela Merkel (CDU) sieht die von der rechtspopulistischen Partei „Pro Deutschland“ angekündigte Filmvorführung in Berlin skeptisch. Man müsse sehen, ob dies die Sicherheit gefährde, sagte Merkel am Montag in Berlin. Sie könne sich vorstellen, dass es für ein Verbot gute Gründe gibt.

„Pro Deutschland“ hatte zuvor angekündigt, den Film, dessen YouTube-Trailer in islamischen Ländern heftige Proteste ausgelöst hat, im November in Berlin in voller Länge öffentlich aufzuführen. Ob tatsächlich ein vollständiger Film existiert oder ob es nur das veröffentlichte 14-minütige Video gibt, ist jedoch noch unklar.

Neben Merkel hatte auch Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) angekündigt, die Vorführung des Films verhindern zu wollen. Unterstützung erhielt die Bundesregierung auch von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, während sich andere Oppositionspolitiker großenteils gegen die Verbotspläne aussprachen.

Nicht weniger umstritten ist ein mögliches Verbot in den Reihen der Muslime in Deutschland. „Grundsätzlich bin ich kein Freund von Verboten“, sagte Ali Kizilkaya, Sprecher des Koordinationsrats der Muslime in Deutschland (KRM), gegenüber der taz. „Aber hier handelt es sich um eine tiefgreifende Beleidigung.“ Von freier Meinungsäußerung könne keine Rede mehr sein. Er betonte, dass die angekündigte Filmvorführung nach Paragraf 166 des Strafgesetzbuchs verboten werden könne. Der Paragraf verbietet die Beschimpfung religiöser Bekenntnisse, wenn sie „geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“.

Auch Aiman Mazyek vom Zentralrat der Muslime in Deutschland plädierte für ein Verbot. „Ich denke, dass alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft werden sollten, um ein Verbot der Vorführung zu erreichen“, sagte er der taz. Es gebe verschiedene Tatbestände, die nun zu prüfen seien, „beispielsweise auch den der Volksverhetzung“.

Anders sieht das Lamya Kaddor. Die Vorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes sprach sich klar gegen ein Vorführungsverbot aus. „Je mehr man über ein Verbot redet und die Tabuisierung solcher Inhalte vorantreibt, desto mehr Schaden richtet man an“, warnte sie im Gespräch mit der taz. Diskussionen über Verbote und Sonderregelungen für Muslime würden die bestehende Islamfeindlichkeit in Deutschland schüren, so Kaddor. „Die Forderungen der Verbände nach einem Vorführverbot sind überzogen“, sagte Kaddor weiter. Aktionen wie die Vorführung des Films seien vom Demonstrationsrecht gedeckt.

Scharfe Kritik übte Kaddor an Bundesinnenminister Friedrich. Neben seinem Plädoyer für ein Vorführverbot hatte dieser am Sonntag ein Einreiseverbot für den US-Hassprediger Terry Jones verhängt, der von „Pro Deutschland“ eingeladen worden war. „Wir lassen in Deutschland alle möglichen Leute reden“, sagte Kaddor in Anspielung auf den niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders. Dem Innenminister warf sie Populismus und Panikmache vor.

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