Altpersische Energieschleuder

KUNSTVEREIN HAMBURG (II) Manuel Graf untersucht arabisches Raumgefühl anhand der Vier-Iwan-Anlage – und wendet sich an künftige Archäologen

Um Raumkonzepte geht es derzeit im Erdgeschoss des Hamburger Kunstvereins: Der Düsseldorfer Künstler Manuel Graf ist fasziniert von der Baugestalt der Vier-Iwan-Anlage. Bei diesem zentralasiatisch-altpersischen Bautyp wird ein großer, meist mit einem Wasserbecken ausgestatteter Hof punktsymmetrisch mit vier übergroßen Nischen umgeben, die dreiseitig geschlossen, zur Hofseite aber wie aufgeschnitten offen sind.

In der ebenfalls um ein Wasserbecken arrangierten Videoinstallation reflektiert Graf die Besonderheiten historischer Baukonzepte: Der Langbau gibt dynamisch eine Richtung vor, der Zentralbau bündelt die Kräfte. Der islamische Säulenbau und die orientalische Ornamentik wollen dagegen richtungslos unendlich sein.

Die Vier-Iwan-Anlage dagegen ist eine Art umgekehrte Architektur, sie leitet die Energien zentrifugal von einem fiktiven Zentrum in alle vier Himmelsrichtungen ab. In einem zweiten Filmfragment werden weitere Vorschläge gemacht, Architektur anders als üblich zu betrachten – beispielsweise in ihrer Erinnerungskonstruktion als Konkurrenz zum Buch.

Die ironisch mit dem Motto „Ils sont fous ces Romains!“ („Die spinnen, die Römer!)“ betitelte Ausstellung will das sichere Selbstbewusstsein des eigenen Blickes auf das Andere aufbrechen. Und vollends gelingt ihr das mit der Projektion historischer Ableitungen in die Zukunft. Der Künstler erstellt für kommende fremde Generationen von Archäologen potenzielle Fundstücke: In einer Vitrine stehen kopierte alte und neu konzipierte Keramiken mit in dereinst sicherlich rätselhaften Inschriften wie: „The Blackberry is more of a work phone and the iPhone is a pleasu?“ HAJO SCHIFF

bis 2. 12., Hamburger Kunstverein