Islamisches Theologie-Institut in Hessen: Die muslimischen Pioniere

Die Ahmadiyya-Gemeinde ist eine kleine Reformbewegung im Islam. Jetzt eröffnet sie in Hessen ein eigenes „Institut für islamische Theologie und Sprachen“.

Das Oberhaupt der Ahmadiyya, Mirza Masroor Ahmad, hier bei einem Besuch Anfang Dezember in Hamburg. Bild: dpa

BERLIN taz | Sie sehen sich als Pioniere. Schon 1924 gründeten sie unweit des Berliner Kurfürstendamms die erste Moschee in Deutschland, die sie bis heute betreiben.

Heute unterhalten sie bundesweit 35 repräsentative Moscheen mit Minarett und Kuppel, und jedes Jahr kommen neue hinzu. Erst vor ein paar Tagen eröffneten sie in den baden-württembergischen Städten Pforzheim und Bruchsal zwei neue Moscheen. Dabei stellen die Ahmadiyya mit ihren etwa 30.000 Anhängern, die bundesweit in 230 Gemeinden organisiert sind, unter den rund vier Millionen Muslimen in Deutschland nur eine verschwindend kleine Minderheit.

An diesem Montag eröffnet die deutsche Ahmadiyya-Gemeinde im hessischen Riedstadt, bei Darmstadt und Mainz gelegen, nun ein „Institut für islamische Theologie und Sprachen“ mit angeschlossenem Internat.

Es wird das erste Institut dieser Art sein, das von einem muslimischen Verband betrieben und komplett selbst getragen wird. Zwischen 80 und 120 Studenten lernen dort in einer siebenjährigen Ausbildung, den Koran und die Überlieferungen auszulegen, und neben Deutsch und Englisch auch Arabisch und Urdu.

Messias als Stifter

Die Ahmadiyya-Gemeinde ist eine Reformbewegung, die vor über hundert Jahren auf dem indischen Subkontinent entstanden ist. Ihr Gründer, Mirza Ghilam Ahmad (1835–1908), erklärte sich damals zum von vielen Muslimen lang erwarteten Messias, dem Mahdi – für traditionelle Muslime ein Sakrileg. In Pakistan und anderen muslimischen Ländern werden seine Anhänger deshalb bis heute offen angefeindet, die langjährige Unterdrückung und systematische Verfolgung hat viele Ahmadiyya ins Ausland getrieben.

Dabei sehen sich die Ahmadiyya selbst als Vorzeigemuslime: „Wertkonservativ, aber liberal“, sagt Abdullah Uwe Wagishauser, der gewählte Vorsitzende und „Emir“ der deutschen Ahmadiyya. „40 bis 50 Prozent unserer Mitglieder haben Abitur“, ergänzt der Verbandssprecher Muhammad Asif Sadiq. Gewalt lehne man kategorisch ab – „und unsere Freitagspredigten sind auf Deutsch“.

Besuch vom Kalifen

Anders als an den neuen Instituten für islamische Theologie, die derzeit an mehreren deutschen Universitäten entstanden sind, werden die Studenten am Ahmadiyya-Institut in Riedstadt auch intensiv mit den Schriften des Gründers der Bewegung vertraut gemacht. Die Absolventen sollen später als Geistliche oder Sozialarbeiter in den Gemeinden oder im Ausland arbeiten. Der Ahmadiyya-Gemeinde geht es darum, eine eigene theologische Elite auszubilden, die mit den hiesigen Verhältnissen vertraut ist. Zur Eröffnung wird der Kalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad, das Oberhaupt und Urenkel des Gründers dieser Glaubensgemeinschaft, deshalb auch eigens aus der Ahmadiyya-Zentrale in London anreisen.

In Hessen sollen ungefähr 15.000 Ahmadiyya-Muslime leben. Dort ist die Gemeinde jetzt neben dem türkisch-staatsnahen Islamverband Ditib in der engeren Auswahl, um ab 2013 an den staatlichen Schulen des Landes islamischen Religionsunterricht zu geben. „Wir werden nur unterrichten, was unter allen Muslimen weltweit Konsens ist“, betont Muhammad Asif Sadiq. „Die Kernelemente unseres Glaubens sind dieselben.“

Andere Muslime betrachten das mit Skepsis. Die Ditib mag keine Ahmadiyya als Islamlehrer haben. Auch zur Islamkonferenz des Innenministers wurden sie bisher nicht eingeladen.

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